Sa, 19.08.06:
ALEMANNIA - FC Schalke 04 0:1 (0:0)
Straub - Pinto, Klitzpera, Sichone, Leiwakabessy - Plaßhenrich (76. Koen), Fiel, Rösler, Dum (71. Reghecampf) - Schlaudraff, Ebbers (68. Ibisevic)
(Schell - Herzig, Casper, Lehmann / Hecking)
Neuer - Rafinha (36. Rodriguez), Bordon, Krstajic, Kobiashvili - Ernst, Bajramovic, Lincoln - Halil Altintop, Lövenkrands (80. Asamoah), Kuranyi (46. Hamit Altintop)
(Lemczyk - Abel, Özil, Varela / Slomka)

Zuschauer: 21300 (ausverkauft; ca. 2500 aus Schalke)
Gelb: Dum, Pinto, Sichone, Ibisevic, Koen - Lincoln, Ernst
Rot: Krstajic (29.; grobes Foulspiel)

0:1 Rodriguez (53.)



(Foto: Richard)

















36 Jahre hatte die Alemannia auf die Bundesliga gewartet und war auch am ersten Spieltag noch nicht wirklich angekommen: unspektakulärer Gegner, keine Torchance, deutliche Niederlage, und das ganze bei irgendeiner Farbenfabrik zwischen Cöln und Düsseldorf. Dieser Samstag hingegen war das, was man sich in jahrelangen Träumen von der Bundesliga vorgestellt hat: Ein vollbesetzter Tivoli und ein traditionsreicher Gegner, gegen den die Alemannia zwischen 1947 und 1990 50 Pflichtspiele bestritt - darunter Spitzenspiele in der Oberliga West 1957/58 (2:1/0:4), das legendäre 4:3 n.V. im Pokalhalbfinale 1965, das unglückliche 1:2 n.V. oder der letzte Sieg 1988. Leider haben sich die Zeiten seitdem geändert: Bei Schalke spielen statt Wollitz, Schipper, Regenbogen oder Täuber jetzt Lincoln, Lövenkrands oder Altintop Hallenfußball, und die Alemannia tritt als GmbH an. Als personifiziertes Unglück hatte man auch noch Herbert Fandel als Schiedsrichter angesetzt - warum nicht gleich Weiner, Merk oder Kreyer...
In unserer Mannschaft gab es gegenüber dem 0:3 in Leverkusen insgesamt fünf Umstellungen, gespielt wurde im 4-4-2 mit Mittelfeldraute. Neben dem gesperrten Kristian Nicht blieben auch der Kießling-geschädigte Nico Herzig, Matthias Lehmann, Laurentiu Reghecampf und Emil Noll draußen - letzterer war gar nicht im Kader. Für sie spielten Stephan Straub (auf der Bank saß Daniel Schell), Moses Sichone (nach ausgestandener Verletzung), Jan Schlaudraff (nach abgelaufener Sperre), Cristian Fiel und Sascha Dum. Insbesondere die Rückkehr von Sichone tat der Mannschaft sichtlich gut, die Spieleröffnung war deutlich kontrollierter als in Leverkusen. Die Alemannia überstand die ersten nervösen Minuten schadlos, hielt das spiel völlig offen und erarbeitete sich nach einer Viertelstunde durch großen Einsatz allmählich ein Übergewicht. Ein Kopfball von Sascha Dum nach Ecke von Sergio Pinto ging über das Tor, Ersatztorwart Manuel Neuer hatte in seinem ersten Bundesligaspiel schon auf dem Boden gelegen. Bei der von unserer Elf an den Tag gelegten Leidenschaft blieb die Hektik nicht aus, zumal der konfuse Herbert Fandel Pfeife und gelbe Karte streng nach dem Zufallsprinzip bediente. Das erste große Haareraufen gab es bei der nächsten Ecke von Sergio Pinto. Sascha Dum hielt aus 14 Metern aus der Drehung drauf. "Gott will es", musste man letzte Saison beinahe überrascht feststellen, aber in der Bundesliga scheinen die Dinge wieder ihren gewohnten Lauf zu nehmen: Das Glück haben immer die mit dem Geld, der Ball sprang von der Unterkante der Latte ins Feld zurück. Die Alemannia spielte in der Folgezeit groß auf und gab mächtig Gas. Sogar Dieter Hecking drückte aufs Tempo und leitete einen Schnellangriff ein, Sergio Pinto schickte Cristian Fiel per Einwurf entlang der Seitenlinie, und von der Seite sprang Mladen Krstajic heran. Kein schlimmeres Foul als das von Kießling gegen Herzig, aber zumindest zeigte sich Herbert Fandel hier einmal konsequent: Wenn Mbwandos Aktion im Pokalfinale Rot war, dann war es dies schon lange. Nun wurde es auch richtig laut im Stadion, unsere Spieler gaben keinen Ball verloren, und der Titelaspirant hatte nichts entgegenzusetzen. Der stark aufspielende Jeffrey Leiwakabessy eroberte den Ball gegen Rafinha, und Jan Schlaudraff schickte Marius Ebbers über links. Der setzte geschickt seinen Körper gegen Marcelo Bordon ein und legte quer auf Cristian Fiel. Der hatte völlig freie Bahn, kam aber einen Schritt zu spät und ging mit der linken Fußspitze zum Ball, anstatt mit der rechten Innenseite kontrolliert einzuschieben. Manuel Neuer war noch mit dem Fuß dran, und der Ball ging vorbei. Der musste einfach drin sein, genauso wie der nächste Versuch nur wenig später. Schalke ließ sich auskontern, Marius Ebbers schickte Sascha Rösler halbrechts steil, links war noch Jan Schlaudraff mitgelaufen, und Rösler schlenzte den Ball vorbei an Manuel Neuer und vorbei am linken Pfosten. Mirko Slomka versuchte, ein wenig Ordnung in seinen immer unsortierter wirkenden Haufen zu bringen und brachte dummerweise den späteren Torschützen Dario Rodriguez für Rafinha. Bis zur Pause spielte allerdings weiter nur die Alemannia. Sascha Rösler spielte auf der linken Seite Jeffrey Leiwakabessy an, dessen Hereingabe Jan Schlaudraff unglücklich mit dem Standfuß traf, der Nachschuss Leiwakabessys wurde abgeblockt. Dann spielte Sascha Rösler im Liegen auf Alexander Klitzpera, der von Marcelo Bordon gelegt wurde. Selbstverständlich gab Herbert Fandel, der unserer Mannschaft jeden Scheißdreck abpfiff, keinen Elfmeter.
Veränderung tat Not bei den Gästen, und entsprechend blieb Kevin Kuranyi in der Kabine und schmierte sich wahrscheinlich erst einmal ein Brot mit überteuertem Aufstrich. Leider gab es in der zweiten Halbzeit tatsächlich ein völlig anderes Spiel, Schalke war nun deutlich aktiver. Wie das so läuft, brachte dann auch der erste ernsthafte Versuch des Gegners den Todesstoß. Es gab Freistoß für Schalke und nach unnötigem Foul von Reiner Plaßhenrich gegen Halil Altintop gleich den nächsten. Sascha Rösler verlängerte den von Lincoln getretenen Ball unglücklich zum langen Pfosten, Zlatan Bajramovic legte den Ball nach innen und Sergio Pinto verlor das entscheidende Kopfballduell gegen Dario Rodriguez - 0:1. Schalke, das insgesamt wenig für das Spiel getan hatte, spielte die Begegnung nun routiniert nach Hause. Die Alemannia hatte kein Mittel, die nun souveräne Abwehr um den starken Marcelo Bordon in Gefahr zu bringen. Manuel Neuer entschärfte eine von Lewan Kobiaschwili abgefälschte Flanke von Jan Schlaudraff, später traf Schlaudraff nach Doppelpass mit dem eingewechselten Vedad Ibisevic nur das Außennetz. Auf der anderen Seite hielt Stephan Straub unsere Mannschaft mit einer starken Parade bei einem Freistoß von Lincoln im Spiel. Ein richtiges Aufbäumen gab es leider nicht mehr, auch von den Rängen sprang der Funke am Ende nicht mehr über.
Die Alemannia hatte zumindest eine Halbzeit lang gut gespielt und zeigte sich gegenüber dem Leverkusen-Spiel deutlich verbessert. Die überaus unglückliche Niederlage ist in erster Linie an den vergebenen Chancen der ersten Halbzeit festzumachen. Damit hat die Alemannia nach zwei Spielen weiterhin weder Tor noch Punkt auf dem Konto und bestreitet nächste Woche ein erstes wichtiges Kellerduell in Hannover. Wichtig ist, dass das Selbstvertrauen der Mannschaft unter den Auftaktniederlagen nicht leidet. Gut, dass sich nach auch nach der deprimierendsten Niederlage noch eine aufmunternde Statistik findet: Auch im ersten Bundesligajahr 1967/68 startete die Alemannia mit null Punkten aus den ersten zwei Spielen, verlor dann aber kein Heimspiel mehr und landete mit 34-34 Punkten auf Platz 11. Gott will es. Hoffentlich.

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