Sa, 12.08.06.:
Bayer Leverkusen - ALEMANNIA 3:0 (2:0)
Butt - Castro, Haggui, Juan, Stenman - Ramelow, Rolfes, Schneider (73. Babic), Barnetta (66. Freier) - Barbarez, Kießling (78. Voronin)
(Fernandez - Madouni, Schwegler, Papadopulos / Skibbe)
Nicht - Pinto, Klitzpera, Herzig (44. Casper), Leiwakabessy - Lehmann (65. Fiel), Plaßhenrich, Reghecampf, Rösler (24. Straub (Torwart)), Noll - Ebbers
(Balaban, Dum, Krontiris, Ibisevic / Hecking)

Zuschauer: 22500 (ausverkauft; ca. 4000 aus Aachen)
Gelb: Rolfes, Kießling, Barbarez
Rot: Babic (80.; Tätlichkeit) - Nicht (22.; Handspiel außerhalb des Strafraums)

1:0 Ramelow (32.)
2:0 Castro (45.)
3:0 Rolfes (60.)





















Endlich war er da, der Tag, von dem man seit der Kindheit geträumt hatte - Alemannia in der Bundesliga. Unglücklicherweise ging es nach Leverkusen, das erstens viel zu wenig Platz bietet und zweitens nicht gerade für große Fußballatmosphäre steht. Die Betriebssportgemeinschaft der IG Farbenindustrie AG stieg erstmals 1942 in die Gauliga auf, war jahrzehntelang als graue Maus und Fahrstuhlmannschaft in Ober- und Regionalliga bekannt, und verlor noch 1972 vor wenigen Hundert Zuschauern im Pokal gegen unsere Amateure. Heute zählt man sich dank großzügiger Finanzspritzen der Farbenfabrik und einigem Größenwahn zu den G14, den Vereinen, die ohnehin schon zuviel Geld haben und gerne noch viel mehr hätten. Die Bundesliga zeigte sich den Burghausen-, Chemnitz- oder gar Salmrohr-erprobten Alemannen hier gleich von ihrer hässlichsten Seite: ein Hotel und ein McDreck im Stadion, Glaswände, Klappsitze statt vernünftiger Stehränge (wo einige Leute ernsthaft den auf ihren Karten vermerkten Sitz suchten), aufblasbare Hampelmänner, schlechte Musik, und noch nicht einmal die Werner-Fuchs-Fahne durfte hängen. Trotzdem war es ein unglaublich geiles Gefühl, da zu sein, und man musste sich zurückhalten, um vor lauter Freude nicht in den Block zu onanieren. Spaßig war alleine schon die Fahrt durch den Hauptbahnhof des Verkehrshindernisses südlich von Leverkusen, wo die Leute aus allen Richtungen zu den diversen Bundesligaspielen in Leverkusen, Gladbach und Schalke anreisten, während sich die Einheimischen auf ein Montagsspiel in Augsburg freuen durften.
Bei der Alemannia waren die Wackelkandidaten Alexander Klitzpera und Reiner Plaßhenrich von Anfang an dabei. Auf der linken Seite erhielt Emil Noll den Vorzug vor Sascha Dum. Die Alemannia übernahm mit einem minutenlangen "Come on Aachen Olé" ebenso schnell und deutlich das Kommando auf den Rängen wie die gastgebende BSG auf dem Rasen. Unsere Mannschaft wirkte nervös, hektisch, zu umständlich im Spielaufbau und gedanklich immer einen Schritt langsamer als der Gegner. Viele leichte Fehler machten es der IG Farben Fußball GmbH leicht, den Ball schnell zu erobern und Druck zu entwickeln. Entsprechend ließen die ersten Chancen nicht lange auf sich warten. Simon Rolfes zielte nach Hereingabe von Bernd Schneider von der rechten Seite aus 14 Metern knapp am rechten Pfosten vorbei. Wenig später brachte Stefan Kießling den Ball von links in die Mitte, und Sergej Barbarez traf den Ball nicht richtig. Die BSG dominierte klar und war nach 22 Minuten zu allem Überfluss noch in Überzahl. Alexander Klitzpera will einen vor ihm aufspringende Ball zu Kristian Nicht zurückköpfen, wird dabei von Stefan Kießling von hinten geschoben, Kristian Nicht kommt unnötig weit heraus, und trifft den Ball mit der Hand. Sascha Rösler musste für Stephan Straub raus. Zehn Minuten ging es auch zu zehnt gut, dann spielte Gonzalo Castro auf der rechten Seite Emil Noll aus und legte auf für Carsten Ramelow. Dessen Schuss ließ Stephan Straub unglücklich zur Seite abprallen, und Ramelow selbst staubte zum 1:0 ab. Nach vorne ging bei der Alemannia derweil nichts, Marius Ebbers war nach der Auswechslung Röslers meistens auf sich alleine gestellt. Ganz bitter wurde es kurz vor der Pause: Stefan Kießling grätschte Nico Herzig auf Höhe der Mittellinie an der Seitenlinie weg. Während Michael Skibbe wie ein Stehaufmännchen gegen die gelbe Karte protestierte, musste Herzig verletzt vom Feld. Ebenso überflüssig der nächste Tiefschlag: Stephan Straub fing eine Flanke ab und wollte den Konter einleiten, aber Reiner Plaßhenrich spielte einen fatalen Fehlpass in die Füße von Gonzalo Castro. Der gerade erst für Herzig eingewechselte Mirko Casper grätschte ungestüm ins Leere, und Castro schoss zum 2:0 ein.
Nach der Pause gab es zu keiner Zeit Zweifel am Sieg der BSG. Sergej Barbarez geriet nach Hereingabe von Bernd Schneider zu sehr in Rücklage, dann lenkte Stephan Straub einen Schuss von Karim Haggui mit einer starken Reaktion um den rechten Pfosten. Sergej Barbarez war derweil von der eigenen Chancenauswertung derart genervt (auch der nächste Versuch nach Flanke Kießling ging vorbei), dass er den Rest des Spiels mit Schiedsrichter Sippel herumdiskutierte und Gelb sah. Das 3:0 bereitete Stefan Kießling (Einwechselspieler der 2003-er Nürnberger Verpisser-Mannschaft) gleich doppelt vor: Nico Herzig aus dem Stadion getreten, und Ersatzmann Mirko Casper den Ball abgejagt, der einen Rückpass von Jeffrey Leiwakabessy verstolperte. Stephan Straub blieb zunächst Sieger gegen Kießling, aber der fand im zweiten Versuch Simon Rolfes, der mittlerweile bei der BSG mehr Geld verdient als beim 1:2 der Alemannia in Alkmaar und entsprechend dieses Mal zum 3:0 das Tor traf. Danach ließ es die IG Farben zum Glück etwas ruhiger angehen, der eingewechselte Andrey Woronin scheiterte noch einmal am gut stehenden Stephan Straub. Marko Babic folgte nach einem (aus der Distanz harmlos aussehenden) Ellenbogen gegen Sergio Pinto Kristian Nicht in die Kabine. Nach 90 Minuten kam die Alemannia bei einem Eckball zum einzigen Mal gefährlich vor das Leverkusener Tor.
Das Ergebnis geht in dieser Höhe vollkommen in Ordnung, auch zu elft hätte es die Alemannia gegen diesen Gegner sehr, sehr schwer gehabt. Es zeigte sich, dass Fehler in der Bundesliga gnadenlos bestraft werden, zudem hat sich die Alemannia die ersten Torchancen der Bundesliga für den FC Schalke aufgehoben. Gefeiert wurden unsere wackeren Aufstiegshelden trotzdem. Insgesamt gab man auf den Rängen ein ordentliches Bild ab, auch wenn die Stimmung nicht an das erste Auswärtsspiel in der zweiten Liga in Bochum heranreichte. Noch sieben Mal schlafen, und der FC Schalke kommt zum Tivoli, und die werden es nicht ansatzweise so leicht haben wie heute die IG Farben Fußball GmbH.



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