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Straub - Landgraf, Klitzpera, Blank, Ewertz (46. Mbwando) -
Grlic, Michalke, Pflipsen, Fiel (92. Krontiris) - Meijer,
Gomez (67. Salou)
(Hesse - Bediako, Paulus, van der Luer / Berger) |
Reitmeier - Asanin, Gaede, Strasser - Hausweiler,
Korzynietz, Broich, Ulich (78. van Hout),
Carnell (61. Kolkka) - Sverkos (61. Maric),
van Lent
(Trainer: Fach) |
Nervös wie noch nie waren die meisten Alemannia-Anhänger vor dem
großen Spiel gegen München Gladbach. Die Perspektiven, die sich
bei einem Sieg boten, schienen zu gut, um wahr zu werden: Finale in Berlin,
Europapokal und finanzielle Sanierung des Vereins. Zu allem Überfluss
musste dieses wichtige Spiel auch noch gegen Gladbach stattfinden, gegen die
eine Niederlage doppelt weh getan hätte. Fünf Mal hatten sich
Alemannia und Borussia bisher im Pokal gegenübergestanden. 1939 gewann
die Alemannia glatt mit 4:1 in der Vorrunde des von-Tschammer-Pokals. Im
Westdeutschen Pokal 1960 erreichte die Alemannia auswärts ein
3:3 n.V., hatte aber nach dem erneuten
3:3 n.V. im Wiederholungsspiel Pech beim
Losentscheid. In bester Erinnerung sind noch die beiden Pokalspiele in den
80ern, so das 0:2 im Achtelfinale 1984/85, als die
Gladbacher auf dem Spielfeld ebenso wie auf dem Aachener Wall
äußerst rustikal auftraten. Zwei Jahre später hieß es
0:2 n.V. gegen die Herren Kamps, Winkhold, Lienen,
Hochstätter & Co.
Zum aktuellen Spiel mussten beide Trainer ihre Mannschaften
verletzungsbedingt umstellen. Bei der Borussia ersetzte Thomas Broich den
verletzten Igor Demo. Im Tor stand nicht Jörg Stiel, sondern an seinem
40. Geburtstag Claus Reitmaier.
Bei der Alemannia war der Einsatz von Quido Lanzaat
lange fraglich gewesen, und letztendlich konnte er nicht auflaufen. Da auch
Dennis Brinkmann nach seiner Leistenbruchoperation noch nicht wieder
einsatzfähig war, musste in der Innenverteidigung improvisiert werden.
Edwin Bediako und George Mbwando hatten zuletzt gepatzt, und so entschied
sich Jörg Berger dafür, Stefan Blank in der Innenverteidigung
einzusetzen und Fabian Ewertz eine weitere Chance auf der linken Seite zu
geben. Auch Ersatztorwart Dirk Memmersheim fiel aus, für ihn saß
erstmals Amateurkeeper Marcus Hesse auf der Bank. Im Sturm erhielt der gegen
Lübeck starke Daniel Gomez den Vorzug vor dem in der Rückrunde wenig
überzeugenden Emmanuel Krontiris.
Keine zwei Minuten dauerte es bis zum ersten gefährlichen Torschuss von
Kai Michalke, zehn Minuten bis zum zweiten von Erik Meijer, und
man erwartete eine druckvolle Alemannia, wie von Heimspielen gewohnt. Die
Gäste störten das Aachener Aufbauspiel aber in der Folgezeit
geschickt und erarbeiteten sich zunehmend Feldvorteile. Ivo Ulich gab nach elf
Minuten den ersten Warnschuss ab. Nur eine Minute später war es wieder
Ulich, der in halbrechter Position freigespielt wurde und den Ball nur knapp
am langen Pfosten vorbeisetzte. Der Gast kontrollierte das Spielgeschehen und
zeitweise auch die Stimmung auf den Rängen. Nach 19 Minuten folgte dann
die große Schrecksekunde. Ivica Grlic konnte einen unpräzisen Pass
von Kai Michalke nicht kontrollieren und verlor den Ball an Thomas Broich.
Der spielte sofort diagonal auf Vaclav Sverkos. Der manchmal überfordert
wirkende Fabian Ewertz lief nur hinterher, Stefan Blank stand zu weit weg, und
so hätte Sverkos aus halbrechter Position fast das 0:1 gemacht. Zum
Glück prallte der Ball vom linken Innenpfosten in die Arme von Stephan
Straub. Zwei Minuten später kam Arie van Lent aus 15 Metern frei zum
Schuss, zielte aber genau auf Stephan Straub. Mitte der ersten Halbzeit hatte
die Alemannia das Schlimmste überstanden, und nach einer halben Stunde
hatte man die erste ganz große eigene Chance. Nach Freistoß von
Ivica Grlic, Kopfballkerze von Erik Meijer und erneutem Kopfball von
Alexander Klitzpera rutschte Erik Meijer in den Ball, aber das Leder ging
Zentimeter am rechten Pfosten vorbei. Auf der anderen Seite prüfte Bernd
Korzynietz Stephan Straub aus der Distanz, und schoss wenig später knapp
am linken Pfosten vorbei. Nach 40 Minuten ging es endlich einmal schnell bei
der Alemannia: Ivica Grlic spielte steil auf Karlheinz Pflipsen, und der
wurde kurz vor der Strafraumgrenze von Jeff Strasser gelegt. Ivica Grlic legte
sich den Ball 21 Meter vor dem Tor zum Freistoß zurecht, und Claus
Reitmaier dirigierte Arie van Lent ganz rechts in der Mauer. Der
Schiedsrichter stellte die Mauer einen Meter weiter nach hinten, während
Reitmaier schon im Torwarteck stand. In jedem Fall nutzte Grlic die schwach
gestellte Mauer und zirkelte den Ball rechts um van Lent herum neben den
Pfosten zum viel umjubelten 1:0.
Zur Pause stellte Jörg Berger um und brachte George Mbwando für
Fabian Ewertz; Stefan Blank rückte auf seine angestammte Position auf der
linken Seite. Was folgte, war die längste Dreiviertelstunde meines
Lebens. Anfangs minütlich und später alle paar Sekunden wanderten
die Blicke auf die Anzeigetafel, wo die Uhr quälend langsam in Richtung
Berlin lief, während Gladbach auf unser Tor anrannte. Ein Kopfball
von Jeff Strasser zwei Minuten nach dem Wechsel traf nur das Außennetz.
Allzuviel sprang bei den Angriffsbemühungen der Borussia zunächst
nicht heraus, und so reagierte Holger Fach und brachte mit Tomislav Maric
und Joonas Kolkka zwei frische Offensivkräfte. Mitte der zweiten
Halbzeit musste Stephan Straub einen harten Schuss von Thomas Broich vom
linken Strafraumeck parieren. Eine gute Viertelstunde vor Schluss hatte die
Alemannia die erste Konterchance in der zweiten Hälfte. Karlheinz
Pflipsen spielte steil auf Bachirou Salou, der aber von einem Gladbacher
Verteidiger gestoppt wurde. Erst in den letzten 15 Minuten schaffte es die
Borussia, den Druck zu erhöhen und zu einigen Schusschancen zu kommen.
Arie van Lent verzog aus 18 Metern deutlich. Es begann noch einmal das
große Zittern, zehn Minuten vor Schluss bekam die Borussia einen
zweifelhaften Freistoß 22 Meter vor dem Tor zugesprochen. Jeff Strasser
setzte den Ball in die Mauer, den Nachschuss von Thomas Broich aus 18 Metern
fischte Stephan Straub aus dem rechten Eck. Die Szene war noch nicht
geklärt; Joonas Kolkka brachte den Ball in die Mitte und Arie van Lent
setzte zu einem an sich harmlosen Kopfball an, der an den Arm von Erik
Meijer sprang - hart an der Grenze zum absichtlichen Handspiel. Die Gladbacher
reklamierten Elfmeter, aber der Pfiff blieb aus. Sieben Minuten vor Schluss
schloss Markus Hausweiler ein Solo aus gut 20 Metern ab, zielte aber am
linken Pfosten vorbei. Fünf Minuten vor dem Ende ging Joonas Kolkka
vorbei an Willi Landgraf, wurde nicht angegriffen und schoss schließlich
aus knapp 25 Metern am Tor vorbei. Drei Minuten vor Schluss gab es nach Foul
von Stefan Blank an Thomas Broich Freistoß für München
Gladbach von der rechten Seite; aus dem Gewühl heraus wurde der Ball
über das Tor geschossen. Auf der Gegenseite scheiterte Bachirou Salou
nach Anspiel von Kai Michalke an Claus Reitmeier, und der Gladbacher Torwart
hielt auch den zweiten Versuch von Kai Michalke. Dann die 89. Minute:
Thomas Broich brachte den Ball von rechts in den Strafraum, Arie van Lent
stieg zum Kopfball hoch und George Mbwando verhinderte, dass van Lent an den
Ball kam, indem er das Leder mit ausgestrecktem Arm wegschlug. Was zur Hölle
er sich dabei gedacht hat, weiß man nicht, in jedem Fall hatten wir ein
Riesen-Glück, dass der Schiedsrichter das Handspiel übersah. Zwei
Minuten Nachspielzeit mussten noch durchgestanden werden, in denen Ivica Grlic
alles hätte klar machen können. 25 Meter vor dem eigenen Tor
eroberte er den Ball von Enrico Gaede und hatte freie Bahn, wurde aber auf
dem langen Weg zum anderen Tor von Jeff Strasser eingeholt. Grlic legte quer
auf den mitgelaufenen Karlheinz Pflipsen, der aber im Abseits stand. Mehr
passierte dann nicht mehr, der nächste Konter wurde vom
erlösenden Abpfiff unterbunden.
Insgesamt ein sehr glücklicher Sieg der Alemannia, aber das interessierte
nach Abpfiff einen Scheiß-Dreck. Die Alemannia steht zum dritten Mal
nach 1953 und 1965 im
Finale des DFB-Pokals und aller Wahrscheinlichkeit nach zum ersten Mal in der
Vereinsgeschichte im UEFA-Pokal. Bei 10 ausstehenden Spielen hat Werder
Bremen 17 Punkte Vorsprung auf Platz 4, so dass die UEFA-Cup-Teilnahme in
wenigen Wochen offiziell sein dürfte. Was das für den Verein
bedeutet, ist kaum abzusehen. Allein der Dauerkartenverkauf in der
nächsten Saison dürfte ungeahnte Ausmaße annehmen. Erstmal
bleibt die Vorfreude auf den ersten Auftritt der Alemannia im Olympiastadion
seit dem 1:3 bei Hertha BSC unter Mustafa Denizli
und vor allem auf den Europapokal. Beim Blick auf Tabellen und
Pokalansetzungen der anderen europäischen Länder kann man
leuchtende Augen bekommen: Zur Zeit stehen u.a. folgende Mannschaften auf
einem UEFA-Cup-Platz: Inter Mailand, AC Parma, Athletic Bilbao, FC Liverpool,
Feyenoord Rotterdam, AEK Athen, Hearts of Midlothian, Benfica Lissabon,
Partizan Belgrad usw. Auch Teams wie Olympique Marseille, Aston Villa,
Newcastle United, FC Millwall, Glasgow Rangers oder Roter Stern Belgrad
haben noch gute Chancen, den UEFA-Cup zu erreichen oder in der
Champions-League-Quali zu scheitern. Eine Runde im KO-System wird es geben
und danach 5er-Gruppen mit 2 Heim- und 2 Auswärtsspielen für jede
Mannschaft. Bei entsprechendem Losglück ist da einiges möglich...