Mi, 20.12.06:
ALEMANNIA - Bayern München 4:2 (3:0)
Straub - Pinto, Klitzpera, Sichone, Leiwakabessy - Lehmann (66. Heidrich), Reghecampf, Fiel, Schlaudraff - Ebbers (82. Noll), Ibisevic (75. Dum)
(Nicht - Stehle, Casper, Krontiris / Frontzeck)
Rensing - Sagnol, Lucio, van Buyten, Lahm - van Bommel, Ottl (46. Podolski), Salihamidzic (61. Santa Cruz), Schweinsteiger - Pizarro, Makaay
(Dreher - Lell, Demichelis, Karimi, Fürstner / Magath)

Zuschauer: 20800 (ausverkauft; ca. 2500 aus München)
Gelb: Pinto, Lehmann, Sichone - Schweinsteiger, Sagnol

1:0 Reghecampf (11.; Fiel)
2:0 Reghecampf (39.)
3:0 Ebbers (44.; Fiel, Lehmann)
3:1 Podolski (47.)
3:2 van Bommel (68.)
4:2 Schlaudraff (90.)







(Foto: Richard)



Knapp drei Jahre ist es hier, dass die Alemannia die Bayern als Zweitligist mit 2:1 aus dem Pokal warf. Die Münchener hatten seitdem kein einziges Pokalspiel mehr verloren und sollten eigentlich entsprechend heiß auf eine Revanche sein. Sagnol, Salihamidzic, Makaay, Santa Cruz, Schweinsteiger und Pizarro waren von damals noch dabei; Olli Khan hingegen hatte wohl immer noch das 1:0 von Stefan Blank vor Augen, kniff vor der Chance auf Revanche und machte erst einmal Urlaub. Bei der Alemannia standen nur Stephan Straub, Alexander Klitzpera, Cristian Fiel und Emmanuel Krontiris schon vor drei Jahren auf dem Platz. Gegenüber dem Hamburg-Spiel entschied sich Michael Frontzeck für die mutigere Aufstellung mit Raute statt Doppelsechs. Jan Schlaudraff spielte hinter den Spitzen Marius Ebbers und Vedad Ibisevic, Cristian Fiel rückte auf die linke Seite. Matthias Heidrich blieb auf der Bank, hinten rechts kam wieder Sergio Pinto anstelle von Thomas Stehle zum Zug, und Moses Sichone ersetzte den verletzten Nico Herzig.
Die Bayern dominierten die Anfangsphase und hätten mehrmals in Führung gehen können, wenn diverse Herren für ihr Geld mal das Tor getroffen hätten. So schoss Basti Schweinbesteiger nach vier Minuten aus 15 Metern freistehend über das Tor, dann scheiterte Roy Makaay nach Anspiel von Andreas Ottl, noch bedrängt von Moses Sichone, an Stephan Straub. Schließlich schoss dieser gegelte Peruaner mit den roten Schuhen (wie auch immer er hieß) aus kurzer Distanz seinen Mannschaftskameraden Salihamidzic an, die Vorarbeit hatte wieder Andreas Ottl geleistet. Anders als in den letzten Meisterschaftsspielen stand das Publikum aber wie eine Eins hinter der Mannschaft und sorgte für eine grandiose Stimmung. "Das ganze Stadion hüpft", hieß es schon nach wenigen Minuten, und tatsächlich machten bis auf Uli Hoeneß alle mit. Zehn Minuten dauerte es bis zur ersten Alemannia-Chance, nach Foul von Lucio an Cristian Fiel gab es Freistoß aus 25 Metern halblinker Position. Fiel tippte an, und Laurentiu Reghecampf zirkelte den Ball perfekt zum 1:0 in den linken oberen Winkel, Khan-Ersatz Michael Rensing konnte nur noch blöd aus der Wäsche schauen. Die Bayern spielten phasenweise noch nicht einmal schlecht, aber die Alemannia hielt bravourös dagegen. Nach einem Missverständnis zwischen Moses Sichone und Stephan Straub halfen Herrn Pizarro auch die roten Schuhe nicht, Moses Sichone bügelte seinen Fehler aus und warf sich in den Schuss. Auf der Gegenseite hielt Vedad Ibisevic nach Freistoß Fiel und Kopfball Sichone aus zwölf Metern drauf, aber Michael Rensing war auf dem Posten. Zwei Minuten später köpfte Roy Makaay nach Flanke Salihamidzic den Arm von Moses Sichone an, aber Aachens Pokalschreck Heribert Fandel entschied zum Glück nicht auf Elfmeter, und Stephan Straub blieb Sieger gegen den nachsetzenden Pizarro. Kurz darauf legte Andreas Ottl den Ball von der rechten Torauslinie zurück auf Schweinbesteiger, aber der schoss schon wieder über das Tor - so schwer kann das doch nicht sein. Vedad Ibisevic machte es allerdings auch nicht besser. Nach Steilpass von Jan Schlaudraff lief er alleine auf Michael Rensing zu, machte aber einen Haken zu viel. Während Sagnol und Lucio sich bereits anschrien, wurde die Alemannia im Laufe der ersten Halbzeit immer besser und spielte sich in einen Rausch. Wenn es doch einmal brenzlig wurde, war der starke Stephan Straub zur Stelle, so gegen einen Schuss von Hassan Salihamidzic ins kurze Eck. Sechs Minuten vor der Pause spielte Cristian Fiel auf der rechten Seite Marius Ebbers an, nach dessen Flanke Vedad Ibisevic zunächst an Michael Rensing scheiterte. Im Nachsetzen schoss Laurentiu Reghecampf zuerst Andreas Ottl an, traf aber im zweiten Versuch zum 2:0. Im Gegenzug schoss Claudio Pizarro knapp rechts am Tor vorbei. Als ob das 2:0 nicht Grund zur Freude genug gewesen wäre, setzte die Alemannia mit einem perfekt vorgetragenen Konter noch einen drauf. Cristian Fiel schickte Matthias Lehmann steil. Daniel van Buyten lief herum wie Falschgeld und bewegte sich weg von Marius Ebbers in Richtung Lehmann. Der spielte im richtigen Moment quer, und Ebbers vollendete zum 3:0. Während die Lippen von Uli Hoeneß immer schmaler wurden, war auch Marius Ebbers nicht zum Jubeln zumute, der in den letzten Wochen Zielscheibe der Kritik gewesen war und gegen Bayern endlich noch einmal traf und insgesamt ein starkes Spiel hinlegte. Bastian Schweinbesteiger vergab die letzte Chance einer unglaublichen ersten Halbzeit. "Und Ihr wollt Deutscher Meister sein" schrie man den Bayern-Profis entgegen, als sie mit hängenden Köpfen in den Spielertunnel schlichen, allerdings schon in der Erwartung, dass sie mit Schaum vor dem Mund in der zweiten Halbzeit zwei Gänge zulegen würden.
Wichtig wäre es gewesen, zur Abwechslung einmal die ersten Minuten nach der Pause ohne Gegentor zu überstehen. Dummerweise wurde ein mit Basti Schweinbesteiger befreundeter Bergheimer Sonderschulabgänger eingewechselt, der das Sprichwort "Intelligenz schießt keine Tore" bestätigte und Sergio Pinto beim 3:1 alt aussehen ließ. Vielleicht hätte man ihn doch besser nicht an seinen fehlenden Schulabschluss erinnert. Zehn Minuten nach dem Wechsel forderten die Bayern Elfmeter, als Alexander Klitzpera Claudio Pizarro bei einem Freistoß so rabiat festhielt, als ob er ihm die roten Schuhe abziehen wollte. Zum Glück war Olli Khan nicht auf dem Feld, und so musste Heribert Fandel keine Angst haben, nicht auf den Punkt zu zeigen. Auf der Gegenseite verpasste Marius Ebbers die Vorentscheidung, als er eine Hereingabe von Laurentiu Reghecampf mit der Sohle weiterleiten wollte. Der zweite Durchgang war zur Hälfte überstanden, als Claudio Pizarro im Mittelfeld Jan Schlaudraff ungeahndet über den Haufen rannte, Bastian Schweinbesteiger vom linken Strafraumeck zurück auf Mark van Bommel legte, und der überlegt zum 3:2 ins rechte obere Eck abschloss. Der Alemannia war der Kräfteverschleiß mittlerweile deutlich anzumerken, und es musste noch 20 Minuten gezittert werden. Stephan Straub hatte Glück, als er einen 20m-Schlenzer von Roy Makaay nicht richtig zu fassen bekam. Fünf Minuten vor dem Ende hatte Roy Makaay den Ausgleich auf dem Fuß aber der eingewechselte Matthias Heidrich warf sich im letzten Moment dazwischen. Den anschließenden Eckball köpfte Lucio links am Tor vorbei. Mittlerweile hatte auch Emil Noll die Gelegenheit zu einem letzten Auftritt im Alemannia-Trikot bekommen. Bis auf eine Minute war die Alemannia schon an der erneuten Sensation dran, als Jan Schlaudraff noch einen draufsetzte. An der linken Seitenauslinie bekam er den Ball, ließ vor den staunenden Augen von Uli Hoeneß hintereinander Mark van Bommel, Willy Sagnol und Daniel van Buyten stehen als wären sie E-Jugendliche und traf auch noch zum 4:2 ins kurze Eck. Cristian Fiel und Laurentiu Reghecampf hätten mit etwas mehr Konsequenz sogar noch das fünfte Tor nachlegen können.
Mit diesem in jeder Hinsicht grandiosen Auftritt setzte die Mannschaft das i-Tüpfelchen auf das Aufstiegsjahr 2006, es war eines der besten Spiele, das man jemals auf dem Tivoli gesehen hatte. Wenn die Stimmung im durchschnittlichen Bundesligaheimspiel nur halb so gut wäre und die Mannschaft nur halb so couragiert auftreten würde... Auch so werden wir ein deutlich schöneres Weihnachtsfest haben als die Bayern, die sich allmählich fragen müssen, warum sie überhaupt noch nach Aachen fahren. Vielleicht bekommt Herr Hoeneß ja zum Trost eine FC-Bayern-Fancard geschenkt oder gar einen Stürmer ohne rote Schuhe.

"Also bittschön, mit sone doofen Fragen brauchen Sie mir nicht kommen, wir sind in der Champions-League ohne eine Niederlage im Achtelfinale und sind drei Punkte hinterm Meister, hinterm H-h-herbstmeister, also bittschön, da kann ja wohl net von einer missratenen Vorrunde sprechen."
(Uli Hoeneß)


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