Mi, 30.04.03:
ALEMANNIA A - SCB Viktoria Köln 4:1 (4:1)
Schell - Schäfer, Kothner, Gunesch, Tümmler (71. Jaajoui), Maaßen - Dussin, Lehnen, Marso (85. Hartmann) - Marotta, Keller (86. Sinkiewicz)
(Trainer: Emmerling)
Görgens - Hönerbach, Welter, Ewig - Nikolaidis, Ramadani (46. Otten), Brüggemann (81. Scheiner), Feldberg, Ysewyn - Burger, Demandt (46. Khelaifia)
(Trainer: Hönerbach)

Zuschauer: 120 (ca. 40 aus Köln)
Gelb: Hönerbach, Nikolaidis, Feldberg, Ewig
Gelb-Rot: Otten (49.; wiederholtes Foulspiel), Khelaifia (68.; Meckern)

1:0 Lehnen (13.; Schäfer)
2:0 Marotta (15.; Keller)
2:1 Hönerbach (20.; Foulelfmeter)
3:1 Marotta (42.; Dussin, Keller)
4:1 Lehnen (43.; Keller)





Nach dem desolaten 0:3 gegen Solingen konnte man das Thema Klassenerhalt bei den Amateuren der Alemannia endgültig abhaken und mit den Planungen für die neue (Verbandsliga-)Saison beginnen. So verzichtete man im Spiel gegen Victoria Cöln auf "Verstärkungen" aus dem Profikader. Zudem fehlten der immer noch angeschlagene Frederic Donkor, Florim Nesimi und Baba Iddi, der den Verein zum Saisonende verlassen wird. So bekamen u.a. Michael Dussin und im Tor Daniel Schell von Beginn an die Chance, ihr Talent unter Beweis zu stellen.
Bei der Victoria aus Cöln konnte man nach großen Finanzsorgen und drohendem Spielerstreik froh sein, überhaupt noch antreten zu können. 27 Punkte (10 mehr als die Amateure der Alemannia) hatte die Mannschaft von Spielertrainer Matthias Hönerbach vor dem Spiel, von denen sie immerhin 6 am grünen Tisch zugesprochen bekam. Bei 3 Punkten Vorsprung auf die Amateure von Duisburg ging es für die Victoria um alles, und in Aachen wartete die Chance auf drei vermeintlich leichte Punkte.
Die junge Alemannia-Mannschaft spielte endlich einmal befreit auf und hätte nach vier Minuten schon mit 2:0 führen können. Zunächst scheiterte David Marso freistehend an Torwart Patrick Görgens, danach Marc Keller nach Pass von Piero Marotta am rechten Torpfosten. Nach einer knappen Viertelstunde war es dann doch passiert. Ein Pass von Christian Schäfer aus der eigenen Hälfte erreichte Andre Lehnen 35 Meter vor dem gegnerischen Tor vor Torwart Görgens, der völlig unnötig weit aus seinem Strafraum herauslief. Lehnen hob den Ball an Görgens vorbei zum 1:0 ins leere Tor. Nur zwei Minuten später legte Marc Keller den Ball links auf Piero Marotta, der das Leder zum 2:0 in die lange Ecke schob. Vom Gast aus Cöln war in den ersten 20 Minuten gar nichts zu sehen, bevor Daniel Burger im Strafraum nach innen zog und sich im Zweikampf mit Christian Schäfer geschickt fallen ließ. Matthias Hönerbach verwandelte den Elfmeter zum Anschlusstreffer. Dieses Tor schien dem Spiel eine Wende zu geben. Unter lautstarker Anfeuerung des zahlreich mitgereisten Anhangs drängten die Gäste auf den Ausgleich. Fünf Minuten nach dem 2:1 setzte sich Sven Demandt auf der linken Seite durch und prüfte Daniel Schell aus rund 16 Metern mit einem Flachschuss. Eine Minute später hatte Julius Ewig nach einer Ecke wenige Meter vor dem Tor das 2:2 auf dem Fuß, brauchte aber Ewig-keiten, um zum Abschluss zu kommen, so dass sich Daniel Schell schließlich noch in seinen Schuss werfen konnte. Kurz vor der Pause konnte sich die Alemannia etwas befreien und erzielte prompt das 3:1. Michael Dussin wurde im zentralen Mittelfeld zu viel Platz gelassen, den er schließlich zu einem Pass auf Marc Keller nutzte. Der wurde 14 Meter vor dem Tor noch bedrängt und traf aus der Drehung mit der Picke die Querlatte. Von dort sprang der Ball hoch in die Luft. Piero Marotta reagierte am schnellsten und staubte aus spitzem Winkel ab. Nach diesem Tor brachen in der Abwehr der Victoria alle Dämme. Nur eine Minute nach dem 3:1 marschierte Marc Keller über die linke Seite. Er wurde nach außen abgedrängt, konnte den Ball aber noch nach innen bringen, wo Andre Lehnen den Ball im zweiten Versuch im Sitzen unter gütiger Mithilfe von Torpfosten und -wart über die Linie brachte. Direkt vor dem Halbzeitpfiff wusste sich der schwerfällige Matthias Hönerbach kurz vor dem eigenen Strafraum gegen einen Aachener Konter nur noch mit einem Foul zu helfen; David Marso zirkelte den fälligen Freistoß an die Latte. So ging man "nur" mit einem 4:1 in die Pause, ein sensationeller Zwischenstand. Vier Tore und drei Lattenschüsse - für unsere oft allzu harmlose Mannschaft nicht für möglich gehaltene Zahlen. Auch die Cölner Fans konnten das Desaster kaum glauben: "4:1 beim Tabellenletzten", "unglaublich", "dieser Hühnerhaufen" etc. In der Tat wurde in der ersten Hälfte allzu deutlich, wieso die Victoria vom Abstieg bedroht ist.
Zur zweiten Halbzeit hoffte man auf ein Schützenfest, aber die Victoria kam bei einsetzendem starken Regen wie verwandelt aus der Kabine. Besonders Andre Otten, der für den altersschwachen Sven Demandt eingewechselt worden war, hatte sich viel vorgenommen: 46. Minute Einwechslung, 47. Minute Gelb, 49. Minute Gelb-Rot, 50. Minute Mülltonne umgetreten, 51. Minute Eckfahne umgetreten - ein beeindruckender Auftritt, der die Zuschauer für das schlechte Wetter mehr als entschädigte. In der Folgezeit holten sich die völlig frustrierten Gäste innerhalb weniger Minuten drei weitere gelbe Karten ab. Je mehr sie sich dabei mit dem Schiedsrichter anlegten, desto überzogener wurden dessen Reaktionen. Unsere Mannschaft versäumte es in dieser Phase, weitere Tore gegen die mehr mit Meckern als Fußballspielen beschäftigten Cölner zu erzielen. Zunächst hob Piero Marotta den Ball herrlich über zwei Gegenspieler, scheiterte dann aber freistehend an Torwart Görgens. Dann hatte Marc Keller erst Pech mit einem Distanzschuss und ließ sich eine Minute später noch ablaufen, als er schon alleine in Richtung Tor unterwegs war. Mitte des zweiten Durchgangs wurde auch der zweite eingewechselte Spieler der Gäste vom Schiedsrichter wegen Reklamierens ersatzlos wieder ausgewechselt. Höhnisch Beifall klatschend stapfte der Cölner Spieler vom Platz, während der Cölner Anhang erste Verschwörungstheorien bemühte. Einige Minuten später verpasste Marc Keller nach Hereingabe von David Marso knapp das 5:1. Als ein verletzer Spieler länger an der Seitenlinie behandelt werden musste, waren die Gäste zwischenzeitlich nur noch zu acht und taten ihr bestes, sich weiter zu dezimieren. Immerhin hatte der Schiedsrichter allmählich ein Einsehen und drückte auch dann ein Auge zu, als Julius Ewig aus zwei Metern Entfernung mit voller Wucht den Linienrichter anschoss - derselbe Linienrichter, über den sich ein Cölner Zuschauer mit den Worten beschwerte: "der hebt die Fahne doch nur, wenn ich es ihm zurufe". Ganz nebenbei wurde in dieser Phase auch deutlich, wieso unsere Amateure Tabellenletzter sind - im Spiel 11 gegen 9 und sogar bei 11 gegen 8 fand man kaum ein Mittel, sich weitere klare Torchancen zu erspielen.
Trotzdem überwog am Ende der gute Gesamteindruck. Die meisten Zuschauer führten die Leistungsexplosion auf das Fehlen der vermeintlichen Verstärkungen aus dem Profikader zurück. In der Tat zeigten alle eingesetzten Spieler mehr Einsatz als die Profiverstärkungen in den Wochen zuvor. Andererseits standen auch etwa beim 0:4 bei Schwarz-Weiß Essen oder bei der einen oder anderen Testspielpleite gegen Bezirksligisten keine Profis auf dem Platz. Böse Zungen würden behaupten, das Spiel sei der Beweis gewesen, dass die Aussicht auf einen neuen Vertrag oder einen neuen Verein einem Fußballer eher Beine macht als der Abstiegskampf.

Zurück