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Limberg - Mademann, Hyza (71. Goumai) - Steup, Rietz, Tavarez, Voike,
Euler (73. Kelle), Bayertz - Kipre (89. Dabovic), Kohout
(Trainer: Hey) |
Memmersheim - Maaßen, Bediako, Azmaz - Morton, Schäfer,
Gülez, Hansen (58. Telle), El Hammouchi - Tümmler, Keller
(Trainer: Dooley) |
Wenn man sich in Aachen nach dem Aufstieg in die Oberliga auf eins gefreut
hat, dann war es Wuppertal. Zunächst schien der Spielplan einen Strich
durch die Rechnung zu machen, aber da das Profi-Spiel gegen Unterhaching
kurzfristig um einen Tag nach hinten verlegt wurde, stand dem ersten
Wuppertal-Überfall seit Regionalligazeiten nichts mehr im Wege. Gut 100
Öcher machten sich auf den Weg, für viele von ihnen war es wohl das
erste und letzte Amateurspiel in dieser Saison, frei nach dem Motto "wir
sind keine Fußballfans...". Die meisten der Aachener
Schlachtenbummler reisten mit Wupper-Express und (ab Düsseldorf) S-Bahn
an. Nachdem in München-Gladbach das eine grüngekleidete Gesocks
ausgestiegen war, gesellte sich in Wuppertal-Vohwinkel ein ganz anderes
grünes Gesocks zu uns, das uns vom S-Bahnhof Sonnborn über die
Wupper geleiten sollte. An der bekannten Ecke unter der Schwebebahn kam es
zu einigen Pöbeleien mit einem guten Dutzend Wuppertalern, die aber
schnell die Beine in die Hand nahmen. Die Ordnungshüter unterbanden
alles weitere.
Im Stadion wurde der Zaun des Aachener Blocks erstmal mit ca. zehn Fahnen
behangen, doppelt so viele, wie die Wuppertaler auf der Haupttribüne
aufgehängt hatten. Immerhin wurde uns ein Intro mit
Anti-Aachen-Doppelhaltern gewidmet, die unser Wappen in einem Fadenkreuz
zeigten, begleitet von einem Spruchband "wir grüßen die
Ratten vom Tivoli".
Nach Spielbeginn gingen auch schon die beidseitigen Pöbeleien
los - "schwule Aachener", "Wuppertal - asozial" usw. In
dem ganzen Trubel ging etwas unter, dass es nach fünf Minuten schon 1:1
stand. Wuppertal hatte furios losgelegt und den ersten erfolgversprechenden
Angriff über die rechte Seite zur 1:0-Führung abgeschlossen. Auf
der anderen Seite war Alan Hansen nach einem Wuppertaler Abwehrfehler
völlig frei vor dem Gehäuse aufgetaucht und hatte den Ball zum
1:1-Ausgleich ins verwaiste Tor geschoben.
Allerdings konnte auch dieser Auftakt nur die wenigsten dazu bewegen,
mehr als einen kleinen Teil ihrer Aufmerksamkeit dem Spiel zu widmen. Ein
Fußballspiel zu verfolgen ist in Wuppertal auch nicht so einfach -
bevor man erkannt hatte, wer da alles irgendwo hinter Radrenn- und
Leichtathletikbahn auf dem Spielfeld stand, waren schon zwei Tore gefallen.
Ralph Gunesch war diesmal in Aachen bei der A-Jugend geblieben, dafür
rückte Daniel Maaßen in die Dreier-Abwehrkette, in der Eddie
Bediako den Liberopart übernahm. Alan Hansen stand nach ausgestandener
Verletzung in der Anfangsformation im zentralen Mittelfeld. Metin Telle
hingegen spielte nach Ablauf seiner Rotsperre nicht von Beginn an; im Sturm
erhielten die gegen Cöln stark aufspielenden Keller und Tümmler
den Vorzug.
Wuppertal machte von Beginn an mächtig Dampf und ließ sich auch
durch den Ausgleich nicht schocken. So an die Wand gespielt wie in der ersten
halben Stunde Wuppertal hat uns in der Oberliga noch niemand, auch nicht
Velbert oder Cöln Amat. Bis zur 25. Minute waren noch insgesamt sechs
dicke Chancen für den Gastgeber zu verzeichnen. Mal wurde der Ball per
Kopf auf der Linie geklärt, dann rutschte er unter Memmersheim durch und
sprang noch übers Tor, dann wieder war Memmersheim schon ausgespielt und
wieder wurde auf der Linie gerettet - man mochte gar nicht hinsehen (die
meisten taten es ja eh nicht). Mitte der ersten Halbzeit konnte sich unsere
Mannschaft allmählich aus der Umklammerung befreien. Umso
ärgerlicher, dass in der 37. Minute dann doch das 2:1 fiel. Eine Flanke
von rechts wurde am kurzen Pfosten in die Mitte verlängert, wo ein Meter
vor dem Tor zwei einsame Wuppertaler standen und wenig Mühe hatten, den
Ball im Tor unterzubringen.
Insgesamt war die Pausenführung für Wuppertal natürlich weder
unverdient noch unerwartet, und es bestand wenig Hoffnung, dass unsere
Mannschaft dem Spiel noch eine Wende geben könne. Es kam aber anders -
unsere Elf konnte an die gegen Cöln gezeigte Leistung anknüpfen und
das Spiel an sich reißen. Es entwickelte sich ein offener
Schlagabtausch. Fünf Minuten nach Wiederanpfiff verlor Stefan
Tümmler bei einem schnellen Konter erst den Ball, dann die Orientierung.
Im Gegenzug stand ein Wuppertaler ganz frei vor dem Aachener Tor und zielte am
langen Eck vorbei. Während man noch mit erleichtertem Aufatmen
beschäftigt war, ging es schon wieder in die andere Richtung, wo sich
die Aachener vor dem Wuppertaler Strafraum den Ball hin und her spielen
konnten. Das Leder landete schließlich rechts bei Christian
Schäfer, der sich den Ball noch auf den linken Fuß legte und
mit einem abgefälschten Schlenzer zum 2:2 einen Zaunsturm im Aachener Block einleitete.
Die Stimmung war jetzt prächtig. Es wurde Rauch und ein Bengalo
gezündet, und "unsere Zweite ist für euch zu stark"
angestimmt. Bei einem Punktgewinn wäre wohl wirklich Party angesagt
gewesen, und so langsam sah es so aus, als wäre hier tatsächlich
was zu holen.
Wenige Minuten nach dem Ausgleich prüfte Christian
Schäfer aus 20 Metern den Torwart. Dirk Memmersheim fischte einen
fulminanten 25-Meter-Freistoß aus dem Winkel, und auch Marc Keller
schaltete sich in die Abwehrbemühungen gegen jetzt wieder stärker
werdende Wuppertaler ein: mit gestrecktem Bein wehrte er einen Schussversuch
ab, und da mit Gelb vorbelastet, sorgte er so für den Fortbestand einer
bemerkenswerten Serie: das siebte Pflichtspiel in Folge, das man nicht zu elft
beenden konnte. In den sieben Spielen gab es insgesamt neun Platzverweise.
Obwohl das Spiel 10 gegen 11 unserer Mannschaft gegen schwächere
Mannschaften wenig Probleme bereitet, war klar, dass es jetzt schwer werden
würde, den Punkt über die Zeit zu retten. Gut zwanzig Minuten vor
dem Ende folgte die Szene, an die man nach dem Schlusspfiff noch mit einem
weinenden Auge zurückblicken sollte. Die Wuppertaler Abwehr
grätschte an einem Steilpass vorbei, so dass der eingewechselte Metin
Telle 1 gegen 1 auf den Torwart zugehen konnte. Telle, seit fast zwei Monaten
ohne Torerfolg, ging die Sache viel zu langsam an, ließ sich noch
bedrängen, und schoss den Ball zu schwach in Richtung Tor, so dass der
Wuppertaler Keeper sich erfolgreich lang machte und den Ball aus dem Eck
angelte.
Eine Viertelstunde vor Schluss das Siegtor für Wuppertal. Bei einem
Freistoß unterlief Dirk Memmersheim ein dicker Hodulik: er kam zu
zögerlich aus seinem Kasten, so dass Kipre einen Kopfball im
leeren Tor versenken konnte. Vier Minuten später hatte Christian
Schäfer das 3:3 auf dem Fuß, aber sein Schuss aus 15 Metern blieb
in der dichtgestaffelten Wuppertaler Abwehr hängen. Danach boten sich
nur noch den Wuppertalern einige Konterchancen, und es blieb letztendlich
beim 3:2. Unsere Mannschaft hatte eine starke Leistung geboten, die leider
nicht mit einem Punkt belohnt wurde. Wenn Telle das 3:2 gemacht hätte...
besser nicht drüber nachdenken.
Die Spieler bedankten sich trotz der Niederlage bei den Fans für den
Support (tut ja nicht jede Mannschaft...), und man machte sich auf den Weg
Richtung S-Bahn-Station. Mittlerweile waren weitere gut zwei Dutzend
Polizisten eingetroffen, die für uns noch einige Überstunden
einlegen mussten und entsprechend schlecht gelaunt waren. Vor dem Stadion
wurden wir dann erstmal eingekesselt und so
Richtung S-Bahn geleitetet. An der oben erwähnten Ecke standen wieder
einige Wuppertaler, aber die Aachener Herde wurde von ihren Schäfern
recht unsanft an ihnen vorbeigetrieben. Einmal in der S-Bahn, wollten
eigentlich alle nur noch friedlich nach Hause fahren, aber aus unerfindlichen
Gründen durfte in Düsseldorf niemand aus dem Zug steigen. Ich stieg
trotzdem erstmal aus (schließlich gehörte ich ja nicht dazu...),
im naiven Glauben, die anderen würden früher oder später auch
rausgelassen. Stattdessen versammelten sich immer mehr Bullen vor den
Eingängen der S-Bahn, und irgendwann ging das Licht in der S-Bahn aus (!),
und zum allgemeinen Ärger und zu meiner Erheiterung fuhr die Bahn los in
Richtung München-Gladbach. Begründung einiger Beamter: im
Düsseldorfer Hauptbahnhof seien zu viele verschiedene Fangruppen
unterwegs, und da wolle man ja nichts riskieren. Also lässt man die
Aachener in Gladbach raus??? Sehr sinnig. Jedenfalls stiegen die Leute in
München-Gladbach wieder in meinen Zug und waren teilweise doch ein
bisschen verstimmt (OK, ich auch, schließlich hatten wir 3:2 verloren).
Einige murmelten etwas von "ACAB", "Mörder und
Faschisten", "Anzeige wegen
Körperverletzung" usw. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte das
ganze Drumherum für die Niederlage entschädigt. Bleibt zu hoffen,
dass von den Leuten, die nur der alten Zeiten wegen mitgekommen waren,
zumindest ein paar auf den Geschmack gekommen sind und mal häufiger mit
den Amateuren fahren.