Sa, 08.12.01:
Wuppertaler SV - ALEMANNIA A 3:2 (2:1)
Limberg - Mademann, Hyza (71. Goumai) - Steup, Rietz, Tavarez, Voike, Euler (73. Kelle), Bayertz - Kipre (89. Dabovic), Kohout
(Trainer: Hey)
Memmersheim - Maaßen, Bediako, Azmaz - Morton, Schäfer, Gülez, Hansen (58. Telle), El Hammouchi - Tümmler, Keller
(Trainer: Dooley)

Zuschauer: 1103 (ca. 100 aus Aachen)
Gelb: Kohout, Tavarez, Kelle - Tümmler, Morton, Gülez
Gelb-Rot: Keller (64.; wiederholtes Foulspiel)

1:0 Euler (3.)
1:1 Hansen (5.)
2:1 Tavarez (37.)
2:2 Schäfer (52.; Keller)
3:2 Kipre (74.)















Wenn man sich in Aachen nach dem Aufstieg in die Oberliga auf eins gefreut hat, dann war es Wuppertal. Zunächst schien der Spielplan einen Strich durch die Rechnung zu machen, aber da das Profi-Spiel gegen Unterhaching kurzfristig um einen Tag nach hinten verlegt wurde, stand dem ersten Wuppertal-Überfall seit Regionalligazeiten nichts mehr im Wege. Gut 100 Öcher machten sich auf den Weg, für viele von ihnen war es wohl das erste und letzte Amateurspiel in dieser Saison, frei nach dem Motto "wir sind keine Fußballfans...". Die meisten der Aachener Schlachtenbummler reisten mit Wupper-Express und (ab Düsseldorf) S-Bahn an. Nachdem in München-Gladbach das eine grüngekleidete Gesocks ausgestiegen war, gesellte sich in Wuppertal-Vohwinkel ein ganz anderes grünes Gesocks zu uns, das uns vom S-Bahnhof Sonnborn über die Wupper geleiten sollte. An der bekannten Ecke unter der Schwebebahn kam es zu einigen Pöbeleien mit einem guten Dutzend Wuppertalern, die aber schnell die Beine in die Hand nahmen. Die Ordnungshüter unterbanden alles weitere.
Im Stadion wurde der Zaun des Aachener Blocks erstmal mit ca. zehn Fahnen behangen, doppelt so viele, wie die Wuppertaler auf der Haupttribüne aufgehängt hatten. Immerhin wurde uns ein Intro mit Anti-Aachen-Doppelhaltern gewidmet, die unser Wappen in einem Fadenkreuz zeigten, begleitet von einem Spruchband "wir grüßen die Ratten vom Tivoli". Nach Spielbeginn gingen auch schon die beidseitigen Pöbeleien los - "schwule Aachener", "Wuppertal - asozial" usw. In dem ganzen Trubel ging etwas unter, dass es nach fünf Minuten schon 1:1 stand. Wuppertal hatte furios losgelegt und den ersten erfolgversprechenden Angriff über die rechte Seite zur 1:0-Führung abgeschlossen. Auf der anderen Seite war Alan Hansen nach einem Wuppertaler Abwehrfehler völlig frei vor dem Gehäuse aufgetaucht und hatte den Ball zum 1:1-Ausgleich ins verwaiste Tor geschoben.
Allerdings konnte auch dieser Auftakt nur die wenigsten dazu bewegen, mehr als einen kleinen Teil ihrer Aufmerksamkeit dem Spiel zu widmen. Ein Fußballspiel zu verfolgen ist in Wuppertal auch nicht so einfach - bevor man erkannt hatte, wer da alles irgendwo hinter Radrenn- und Leichtathletikbahn auf dem Spielfeld stand, waren schon zwei Tore gefallen. Ralph Gunesch war diesmal in Aachen bei der A-Jugend geblieben, dafür rückte Daniel Maaßen in die Dreier-Abwehrkette, in der Eddie Bediako den Liberopart übernahm. Alan Hansen stand nach ausgestandener Verletzung in der Anfangsformation im zentralen Mittelfeld. Metin Telle hingegen spielte nach Ablauf seiner Rotsperre nicht von Beginn an; im Sturm erhielten die gegen Cöln stark aufspielenden Keller und Tümmler den Vorzug.
Wuppertal machte von Beginn an mächtig Dampf und ließ sich auch durch den Ausgleich nicht schocken. So an die Wand gespielt wie in der ersten halben Stunde Wuppertal hat uns in der Oberliga noch niemand, auch nicht Velbert oder Cöln Amat. Bis zur 25. Minute waren noch insgesamt sechs dicke Chancen für den Gastgeber zu verzeichnen. Mal wurde der Ball per Kopf auf der Linie geklärt, dann rutschte er unter Memmersheim durch und sprang noch übers Tor, dann wieder war Memmersheim schon ausgespielt und wieder wurde auf der Linie gerettet - man mochte gar nicht hinsehen (die meisten taten es ja eh nicht). Mitte der ersten Halbzeit konnte sich unsere Mannschaft allmählich aus der Umklammerung befreien. Umso ärgerlicher, dass in der 37. Minute dann doch das 2:1 fiel. Eine Flanke von rechts wurde am kurzen Pfosten in die Mitte verlängert, wo ein Meter vor dem Tor zwei einsame Wuppertaler standen und wenig Mühe hatten, den Ball im Tor unterzubringen.
Insgesamt war die Pausenführung für Wuppertal natürlich weder unverdient noch unerwartet, und es bestand wenig Hoffnung, dass unsere Mannschaft dem Spiel noch eine Wende geben könne. Es kam aber anders - unsere Elf konnte an die gegen Cöln gezeigte Leistung anknüpfen und das Spiel an sich reißen. Es entwickelte sich ein offener Schlagabtausch. Fünf Minuten nach Wiederanpfiff verlor Stefan Tümmler bei einem schnellen Konter erst den Ball, dann die Orientierung. Im Gegenzug stand ein Wuppertaler ganz frei vor dem Aachener Tor und zielte am langen Eck vorbei. Während man noch mit erleichtertem Aufatmen beschäftigt war, ging es schon wieder in die andere Richtung, wo sich die Aachener vor dem Wuppertaler Strafraum den Ball hin und her spielen konnten. Das Leder landete schließlich rechts bei Christian Schäfer, der sich den Ball noch auf den linken Fuß legte und mit einem abgefälschten Schlenzer zum 2:2 einen Zaunsturm im Aachener Block einleitete. Die Stimmung war jetzt prächtig. Es wurde Rauch und ein Bengalo gezündet, und "unsere Zweite ist für euch zu stark" angestimmt. Bei einem Punktgewinn wäre wohl wirklich Party angesagt gewesen, und so langsam sah es so aus, als wäre hier tatsächlich was zu holen.
Wenige Minuten nach dem Ausgleich prüfte Christian Schäfer aus 20 Metern den Torwart. Dirk Memmersheim fischte einen fulminanten 25-Meter-Freistoß aus dem Winkel, und auch Marc Keller schaltete sich in die Abwehrbemühungen gegen jetzt wieder stärker werdende Wuppertaler ein: mit gestrecktem Bein wehrte er einen Schussversuch ab, und da mit Gelb vorbelastet, sorgte er so für den Fortbestand einer bemerkenswerten Serie: das siebte Pflichtspiel in Folge, das man nicht zu elft beenden konnte. In den sieben Spielen gab es insgesamt neun Platzverweise. Obwohl das Spiel 10 gegen 11 unserer Mannschaft gegen schwächere Mannschaften wenig Probleme bereitet, war klar, dass es jetzt schwer werden würde, den Punkt über die Zeit zu retten. Gut zwanzig Minuten vor dem Ende folgte die Szene, an die man nach dem Schlusspfiff noch mit einem weinenden Auge zurückblicken sollte. Die Wuppertaler Abwehr grätschte an einem Steilpass vorbei, so dass der eingewechselte Metin Telle 1 gegen 1 auf den Torwart zugehen konnte. Telle, seit fast zwei Monaten ohne Torerfolg, ging die Sache viel zu langsam an, ließ sich noch bedrängen, und schoss den Ball zu schwach in Richtung Tor, so dass der Wuppertaler Keeper sich erfolgreich lang machte und den Ball aus dem Eck angelte.
Eine Viertelstunde vor Schluss das Siegtor für Wuppertal. Bei einem Freistoß unterlief Dirk Memmersheim ein dicker Hodulik: er kam zu zögerlich aus seinem Kasten, so dass Kipre einen Kopfball im leeren Tor versenken konnte. Vier Minuten später hatte Christian Schäfer das 3:3 auf dem Fuß, aber sein Schuss aus 15 Metern blieb in der dichtgestaffelten Wuppertaler Abwehr hängen. Danach boten sich nur noch den Wuppertalern einige Konterchancen, und es blieb letztendlich beim 3:2. Unsere Mannschaft hatte eine starke Leistung geboten, die leider nicht mit einem Punkt belohnt wurde. Wenn Telle das 3:2 gemacht hätte... besser nicht drüber nachdenken.
Die Spieler bedankten sich trotz der Niederlage bei den Fans für den Support (tut ja nicht jede Mannschaft...), und man machte sich auf den Weg Richtung S-Bahn-Station. Mittlerweile waren weitere gut zwei Dutzend Polizisten eingetroffen, die für uns noch einige Überstunden einlegen mussten und entsprechend schlecht gelaunt waren. Vor dem Stadion wurden wir dann erstmal eingekesselt und so Richtung S-Bahn geleitetet. An der oben erwähnten Ecke standen wieder einige Wuppertaler, aber die Aachener Herde wurde von ihren Schäfern recht unsanft an ihnen vorbeigetrieben. Einmal in der S-Bahn, wollten eigentlich alle nur noch friedlich nach Hause fahren, aber aus unerfindlichen Gründen durfte in Düsseldorf niemand aus dem Zug steigen. Ich stieg trotzdem erstmal aus (schließlich gehörte ich ja nicht dazu...), im naiven Glauben, die anderen würden früher oder später auch rausgelassen. Stattdessen versammelten sich immer mehr Bullen vor den Eingängen der S-Bahn, und irgendwann ging das Licht in der S-Bahn aus (!), und zum allgemeinen Ärger und zu meiner Erheiterung fuhr die Bahn los in Richtung München-Gladbach. Begründung einiger Beamter: im Düsseldorfer Hauptbahnhof seien zu viele verschiedene Fangruppen unterwegs, und da wolle man ja nichts riskieren. Also lässt man die Aachener in Gladbach raus??? Sehr sinnig. Jedenfalls stiegen die Leute in München-Gladbach wieder in meinen Zug und waren teilweise doch ein bisschen verstimmt (OK, ich auch, schließlich hatten wir 3:2 verloren). Einige murmelten etwas von "ACAB", "Mörder und Faschisten", "Anzeige wegen Körperverletzung" usw. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte das ganze Drumherum für die Niederlage entschädigt. Bleibt zu hoffen, dass von den Leuten, die nur der alten Zeiten wegen mitgekommen waren, zumindest ein paar auf den Geschmack gekommen sind und mal häufiger mit den Amateuren fahren.

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