So, 25.11.01:
Union Berlin - ALEMANNIA 5:1 (1:0)
Beuckert - Kozak, Persich, Ernemann - Vidolov (83. Okeke), Koilov, Menze, Nikol, Fiel - Isa (74. Zechner), Djurkovic (71. Balcarek)
(Wulnikowski - Müller, Kremenliev, Fährmann / Wassilev)
C. Schmidt - Spanier, F. Schmidt, Rauw (46. Hildmann) - Landgraf (46. Xie Hui), Grlic, Zernicke, Zimmermann, Pflipsen (64. Rudan), Caillas - T. Diane
(Straub - Gunesch, Lozanowski, Ivanovic / Berger)

Zuschauer: 7440 (ca. 250 aus Aachen)
Gelb: Koilov, Persich - Pflipsen, Spanier, Xie Hui

1:0 Fiel (37.)
2:0 Menze (51.)
3:0 Vidolov (57.)
3:1 F. Schmidt (68.; Grlic, Xie Hui)
4:1 Fiel (81.)
5:1 Menze (85.; Foulelfmeter)







Zu den eher unangenehmen Auswirkungen der Wiedervereinigung von 1990 zählen neben einigen Kosten und dem Auftauchen merkwürdiger Gestalten wie Wolfgang Lippert, Angela Merkel oder den Puhdys auch eine vermehrte Anzahl endlos langer Auswärtsfahrten. Kaum ist Chemnitz abgestiegen, trifft man auf Babelsberg und Union Berlin, wo Alemannia schon einmal vor sieben Jahren in der Amateurmeisterschaft gespielt hatte. So mussten sich die meisten der gut 200 Aachener, die ihr Team in Berlin unterstützen wollten, unausgeschlafen mitten in der Nacht von Samstag auf Sonntag auf den Weg machen, während die Mannschaft gemütlich mit dem Flugzeug angereist war. Zwei vollbesetzte Busse waren unterwegs, dazu kam noch ein gutes Dutzend Autos und einige Zugfahrer.
Die Alte Försterei in Köpenick ist ein heruntergekommenes, aber recht ansehnliches Stadion, in dem bei unserem Gastspiel 7440 Zuschauer mit gutem Support für in der zweiten Liga selten gewordene Fußballatmosphäre sorgten. Im Aachener Block wurde ein Spruchband ausgerollt, auf dem zu lesen war: "Marmor, Stein und Eisern bricht, aber Alemannia nicht". Bei Alemannia fehlte der gelbgesperrte Henri Heeren, dafür begann Neuzugang Karl-Heinz Pflipsen neben Ivica Grlic im zentralen Mittelfeld. Somit spielten in unserem Mittelfeld also ein Kölner und ein Gladbacher - aber wenigstens kein Ossi ;-)
Union zeigte von Beginn an, wer Herr im Haus war. Nach knapp zehn Minuten veranstalteten sie nach einem Freistoß erstmal ein Scheibenschießen auf das Aachener Tor, aber mehrere Schussversuche blieben an Aachener Abwehrbeinen hängen. Nach weiteren zehn Minuten strich ein Flugkopfball des Berliners Isa nur knapp am Kasten von Christian Schmidt vorbei. Alemannia spielte halbwegs gefällig mit, konnte sich aber keine zwingenden Torchancen erarbeiten. Auf der Gegenseite sah das schon ganz anders aus. Christian Schmidt konnte einen Schuss von Christian Fiel gerade noch mit dem Fuß gegen den Posten lenken. Nach 36 Minuten war es erneut Fiel, der die rechte Aachener Abwehrseite ganz alt aussehen ließ. Hätten sich ihm statt Willi Landgraf, Mark Zimmermann und Mark Spanier die drei Stooges in den Weg gestellt, er hätte kaum mehr Mühe gehabt. Gegenspieler Willi Landgraf kann dem schnellen Antritt nicht folgen, grätscht ins Leere, Mark Zimmermann kommt zu spät, und Mark Spanier stellt sich zwar in den Weg, aber unbewegliche Hindernisse werden von cleveren Stürmern hin und wieder umlaufen. So tauchte Fiel frei vor Schmidt auf und hob den Ball über Christian Schmidt Richtung Tor, wo Bernd Rauw ihn beim Versuch, ihn von der Linie zu retten, endgültig zum 1:0 ins Tor beförderte.
Zur zweiten Halbzeit brachte Jörg Berger mit Xie Hui einen zweiten Stürmer. Leider war Hui an Harmlosigkeit und mangelnder Laufbereitschaft nicht zu überbieten, und auch seine Mannschaftskollegen bauten rapide ab. Gerade mal fünf Minuten dauerte es, bis das Spiel mit dem 2:0 praktisch entschieden war. Eine Ecke der Berliner wurde auf den langen Pfosten verlängert, wo Frank Schmidt seinen Gegenspieler wieder nur von hinten sah, während Taifour Diane untätig danebenstand. Den meisten Fans war klar, was kam; die Frage war nur noch, wieviele Tore man denn diesmal kassieren würde. Vier? Fünf? Sechs? Keine Stunde war gepielt, da stand es auch schon 3:0, als die Berliner den Ball bei einem Freistoß von Höhe der Eckfahne zurück auf Vidolov flankten, der den Ball volley aus 20 Metern in den Winkel drosch. Ein schönes Tor, aber man muss auch erstmal so frei stehengelassen werden. Jörg Berger hisste jetzt in Gedanken die weiße Flagge und wechselte mit Mark Rudan einen Abwehrspieler ein, der helfen sollte, das Ergebnis halbwegs in Grenzen zu halten. Die meisten Aachener schienen aber eher bemüht, den Berlinern zu helfen, das Ergebnis in die Höhe zu schrauben. So spielte Ivica Grlic aus 30 Metern unbedrängt halbhoch einen Rückpass auf Frank Schmidt, der irgendwo in der Nähe des Balles in die Luft trat. Glück, dass Isa das Geschenk nicht annahm und nur den Pfosten traf. Immerhin fiel noch der Ehrentreffer für die Alemannia, bezeichnenderweise nicht durch einen der harmlosen Stürmer, sondern wieder mal durch Frank Schmidt, der bei aller momentanen Unfähigkeit in der Deckungsarbeit vorne immer für ein Tor gut ist. Grlic trat einen Freistoß in den Strafraum, Xie Hui und Mark Rudan behinderten sich beim Kopfball gegenseitig, und von einem Berliner Abwehrbein landete der Ball bei Schmidt, dessen Schuss noch abgefälscht wurde und so irgendwie im Tor landete. Zehn Minuten vor Abpfiff lief erst Mark Spanier ins Leere, dann Frank Schmidt zu spät los und wieder nur hinterher, so dass Christian Fiel frei vor dem Aachener Tor auftauchte und den Ball über Christian Schmidt hinweg hob. Frank Schmidt konnte den Ball kurz hinter oder sogar auf der Linie retten, aber der Schiedsrichter entschied auf Tor. Fünf Minuten vor dem Ende ein völlig überflüssiges Foul von Frank Schmidt im eigenen Strafraum, Elfmeter, 5:1.
Es folgte der erlösende Schlusspfiff, die Mannschaft (außer Christian Schmidt und Sascha Hildmann) ging grußlos an den (noch nicht einmal heftig pöbelnden) Fans vorbei, verschwand in der Kabine und flog nach Hause, während die Fans noch etliche Stunden Fahrt vor sich hatten. Dann kommt man als Fan irgendwann am frühen Montagmorgen in Aachen an, hat von den letzten 72 Stunden höchstens zwei geschlafen, ist den halben Samstag für die Amateure durch die Eifel gefahren, schlägt sich die Nacht im Bus um die Ohren, sieht einer scheinbar desinteressierten Söldnertruppe zu, wie sie sich fast ohne Gegenwehr wieder mal fünf Tore einschenken lässt und einen dann nach dem Spiel nicht mal eines Blickes würdigt, und fährt nochmal 8-9 Stunden zurück. Wenn man dann im Regen durch die Soers nach Hause läuft, ist das so ein Moment, in dem man sich fragt, wozu man das alles macht. Den meisten Spielern geht es wahrscheinlich eh am Arsch vorbei (was irgendwo normal ist, wenn man vorher in Australien, China oder bei Fortuna Köln gespielt hat). In sieben Auswärtsspielen haben wir einen Punkt geholt, zweimal knapp verloren und vier deftige Klatschen eingesteckt. Wie man als Profi derart desolat auftreten kann, wissen die Herren Spieler wohl nur selbst. Es gab niemanden, der auch nur ansatzweise seine Zweitligatauglichkeit bewiesen hätte. Neuzugang Karlheinz Pflipsen konnte noch am wenigsten dafür. Ansonsten: Ivica Grlic produzierte Ballverluste im Minutentakt, Frank Schmidt war die Hilflosigkeit in Person, Willi Landgraf, Bernd Rauw und Mark Spanier hatten mehrere dicke Aussetzer, Olivier Caillas wurde nach einigen Falleinlagen vom Berliner Publikum zurecht bei jedem Ballkontakt mit "Aua!"-Rufen bedacht, und Xie Hui lief noch weniger als Taifour Diane, und das will was heißen. Bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass wir noch ein paar neue Spieler unter dem Weihnachtsbaum finden werden, ansonsten dürfen wir uns unsere Klatschen statt in Berlin demnächst in Aue und Magdeburg abholen. Jedenfalls hat unsere Mannschaft es eindrucksvoll geschafft, mir jede Vorfreude auf das Pokalspiel gegen Tuntenhausen zu nehmen. Vielen Dank!

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