Do, 21.10.04, Köln:
ALEMANNIA - OSC Lille 1:0 (0:0)
Straub - Landgraf, Klitzpera, Sichone, Blank - Plaßhenrich, Rolfes, Fiel (66. Bruns) - Pinto (89. Paulus), Michalke (85. Brinkmann), Meijer
(Nicht - Stehle, Noll, Scharping / Hecking)
Sylva - Angbwa, Tavlaridis, Schmitz, Tafforeau (17. Vitakic) - Makoun, Bodmer, Landrin (77. Audel), Acimovic (77. Dernis), Brunel - Moussilou
(Malicki - Debuchy, Plestan, Dumont / Puel)

Zuschauer: 20352 (ca. 200 aus Lille)
Gelb: Fiel, Landgraf, Meijer - Schmitz, Brunel

1:0 Meijer (67.; Landgraf, Rolfes)



















(Fotos: Richard)







(Foto: Richard)







Nachdem das erste UEFA-Cup-Heimspiel der Alemannia durch das klare Hinspielergebnis auf Island nicht das Highlight war, das man sich erhofft hatte, sollte es im ersten Gruppenspiel gegen den OSC Lille nun richtig losgehen. Einige Hindernisse auf dem Weg zu einem Fußballfest gab es allerdings auch hier. Zum einen war da wie schon gegen Hafnarfjördur das kürzlich modernisierte Müngersdorfer Stadion bzw. die Rhein-Energy-Kampfbahn, Chipsfrisch-Arena oder wie auch immer sich diese merkwürdige Konstruktion nennen mag, zwischen deren Betonpfeilern und Glastüren man sich ähnlich heimisch fühlt wie Lukas Podolski an einer Universität. Zum zweiten drückte die frühe Anstoßzeit von 18:15 Uhr die Zuschauerzahl auf 20352, weniger als gegen Hafnarfjördur. Schließlich waren da noch die omnipräsenten Ordner und ihre ständigen Aufforderungen, nicht hier zu stehen, nicht dort zu stehen, sich auf seinen Platz zu setzen usw. Trotz dieser Widrigkeiten trat spätestens beim Einlaufen der Mannschaften eine starke Gänsehaut zum Vorschein.
Die favorisierten Gäste zeigten in den ersten Minuten, dass sie nicht zufällig auf Platz Zwei in der französischen Liga stehen. Durch geschicktes Zweikampfverhalten wurden viele Aachener Angriffe im Ansatz unterbunden, und bei Aachener Fehlern ging es sehr schnell gefährlich in Richtung Tor von Stephan Straub. Zum Glück spielte unsere Mannschaft trotz offensichtlicher Anfangsnervosität sehr konzentriert und hatte nach drei Minuten die erste Chance des Spiels. Ein langer Einwurf von Willi Landgraf landete bei Kai Michalke, der aus spitzem Winkel knapp verzog. Auf der anderen Seite sorgte ein Freistoß von Philippe Brunel aus 18 Metern für Zittern und Nägelkauen bei den Alemannia-Fans. Aufregung gab es nach zwölf Minuten, als Stefan Blank nach der ersten Aachener Ecke wenige Meter vor dem Tor den Ball nicht traf und dabei von Mathieu Bodmer am Trikot gehalten wurde. Eine knappe halbe Stunde war gespielt, als Erik Meijer nach Hereingabe von Kai Michalke so gerade noch am Torschuss gehindert werden konnte. Wenig später leistete sich Torwart Sylva bei einem hohen Ball von Willi Landgraf einen Ausflug bis zum Sechzehner, den Stefan Blank beinahe mit einem Heber ins leere Tor bestraft hätte. Die beste Szene in der ersten Halbzeit hatte die Alemannia nach 39 Minuten. Erik Meijer legte eine Flanke von Simon Rolfes ab auf Cristian Fiel, der den Ball in aussichtsreicher Position versuchte anzunehmen und nicht richtig unter Kontrolle bekam. Drei Minuten später hatten dann auch die Franzosen ihre Großchance. Der auf Abseits spielende Alexander Klitzpera verfehlte einen schnellen Steilpass der Gäste, und Matt Moussilou lief über links auf das Aachener Tor zu. Ein Haken nach innen, eigentlich alles richtig gemacht, aber der Fuß des zurückgeeilten Moses Sichone rettete den bereits geschlagenen Stephan Straub.
Eine Halbzeit hatte die Alemannia nun schon schadlos überstanden, und nach der gezeigten Leistung schien sogar mehr drin zu sein. Drei Minuten nach dem Wechsel wäre um ein Haar die Führung gefallen. Erik Meijer köpfte eine Ecke von Sergio Pinto aufs kurze Eck, das von einem französischen Verteidiger abgedeckt wurde. Der bekam den Ball gegen den Arm, aber der Elfmeterpfiff blieb aus. Das Spiel blieb weiter ausgeglichen bis zur 67. Minute. Der oft unsicher wirkende Torwart Sylva faustete eine Freistoßflanke von Kai Michalke in die Mitte auf Willi Landgraf, der den Ball über die Abwehr hob. Kurz vor der Außenlinie erreichte Simon Rolfes den Ball und hob ihn artistisch in Richtung langer Pfosten, wo Erik Meijer volley zum 1:0 einschoss. Was folgte, war der geilste Torpogo, an den ich mich erinnern kann. Am Ende fehlten zwar einige Sitzschalen, aber wenigstens ist niemand in den Graben gefallen. Nun waren noch 25 Minuten Zittern angesagt, die einem vorkamen wie Stunden. Drei Minuten nach der Führung rutschte einem bei einem Gestochere im Aachener Strafraum nach einem Freistoß das Herz in die Unterhose. Auf der anderen Seite hätte auch ein Freistoß die Erlösung bringen können. Stefan Blank hämmerte den Ball aus 30 Metern in die linke Ecke. Tony Sylva hatte große Mühe mit dem Ball, und im Nachschuss traf Moses Sichone den Ball nicht richtig. Etwas später übersah der Schiedsrichter eine Tätlichkeit von Jean Makoun, der sich vom klammernden Erik Meijer losreißen wollte. Vier Minuten vor dem Ende verfehlte Stefan Blank mit einem weiteren Freistoß das linke Eck nur um Zentimeter. Dramatisch die Nachspielzeit: Eine von zahlreichen Flanken wurde zum Fünfmeterraum verlängert, wo Straub, Klitzpera und Tavlaridis zusammenprallten. Der Ball wurde von Reiner Plaßhenrich zum Einwurf geklärt, aber der Abpfiff ließ immer noch auf sich warten. Der Einwurf wurde nur kurz geklärt, und per Rückzieher beförderte ein Franzose den Ball in den Fünfer, wo Matt Moussilou aus drei Metern zum Kopfball kam. Zur Erleichterung aller flog der Ball am langen Pfosten vorbei, und endlich kam der ersehnte Abpfiff.
Die Alemannia hatte den Favoriten nicht nur geschlagen, sondern wie schon gegen Bayern ganz stark gespielt und verdient gewonnen. So guten Fußball wie zur Zeit habe ich noch nie eine Alemannia-Mannschaft spielen sehen - keine zehn Jahre nach trostlosen Angelegenheiten wie dieser hier oder dieser hier (an die höchstens Dieter Hecking gute Erinnerungen haben dürfte). Der Mannschaft ist im Moment alles zuzutrauen, und man kann nicht mehr ausschließen, dass sie es fertigbringen wird, auch noch die nächste Runde zu erreichen. Aber wer soll diese ganzen Flüge noch bezahlen?



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