Mo, 17.04.06:
ALEMANNIA - VfL Bochum 0:2 (0:1)
Nicht - Pinto (62. Landgraf), Klitzpera, Sichone, Noll - Plaßhenrich (77. Koen), Reghecampf, Rösler (46. Meijer), Fiel - Schlaudraff, Ebbers
(Straub - Dum, Heidrich, Sukalo / Hecking)
Skov-Jensen - Pallas, Maltritz, Butscher, Bönig (85. Meichelbeck) - Imhof, Zdebel, Trojan (87. Wosz), Misimovic - Bechmann, Fabio Junior (67. Edu)
(Renno - Colding, van Hout, Grote / Koller)

Zuschauer: 20632 (ausverkauft; ca. 2000 aus Bochum)
Gelb: Schlaudraff, Plaßhenrich - Zdebel, Misimovic, Skov-Jensen
Rot: Reghecampf (72.; grobes Foulspiel)

0:1 Bechmann (13.)
0:2 Misimovic (83.)

















(Fotos: Richard)





(Foto: Richard)



(Foto: Fritz)











(Fotos: Richard)











(Fotos: Richard)









Ein Leben lang hatte ich Probleme, mir zu merken, was an Ostern eigentlich gefeiert wird. Nun ist es klar: Wiederauferstehung. Nach 36 Jahren ist die Alemannia wieder erstklassig, und wenn man einen Moment ganz leise ist, kann man im fernen Cöln Franz Cremer in seinem Grab rotieren hören. Der laut Bundesliga-Kommission viel besser für das Oberhaus geeignete Meidericher Spielverein steht ebenso vor dem Abstieg wie Cremers Sülzer selbst, und in Aachen wird gefeiert.
Vielfach war zu hören, ein Aufstieg vor dem Fernseher sei nur halb so schön, aber es sind die spontanen Feiern, die am schönsten sind, und das war es am Sonntag. Als am Sonntagnachmittag im Stadion von Roda (!) aus allen möglichen Ecken "nie mehr zweite Liga" angestimmt wurde, wusste man, es stand 1:0 für Saarbrücken. Eine Stunde später trudelten von allen möglichen bekannten und unbekannten Nummern die Glückwunsch-SMS ein, und es ging in Richtung Innenstadt, wo sich Autocorsos und Menschentrauben zunächst nur langsam in Gang setzten - die meisten mussten dem österlichen Familientreffen offenbar erst noch durchs Klofenster entkommen. Nach einer Weile tauchten u.a. Marius Ebbers und Jan Schlaudraff im Cabrio auf, etwas später tanzte Alexander Klitzpera die Straße rauf und runter, und schließlich gab es vor dem Cafe Madrid, in dem sich die Mannschaft versammelt hatte, kein Durchkommen mehr. Cristian Fiel spritze vom Balkon den Sekt in die glückselige, singende Masse hinunter, Goran Sukalo schwenkte minutenlang, die Bierflasche in der anderen Hand, ekstatisch eine Fahne, und es wurde eine HUMBA nach der anderen zelebriert. Acht Stunden gegenseitiges Umarmen, mit Sekt und Bier bespritzen, Singen und Saufen brauchte es, bis auch die letzten nicht mehr stehen konnten und sich die Szene allmählich auflöste und die meisten zumindest ein paar Stunden von der Bundesliga träumen gingen.
Entsprechend schwer waren die Beine und Köpfe am nächsten Tag nicht nur bei den Fans. Immerhin fanden sich grob geschätzte elf Spieler auf dem Rasen ein und hielten sich tapfer gegen elf ausgeschlafene Bochumer, die bis dahin immer noch nicht aufgestiegen waren und zumindest einen Punkt brauchten, um ihre Fahrstuhl-Dauerkarte nicht zu gefährden. Horst Heinrichs zeigte sich als besonders fairer Sportsmann und wünschte den Gästen einen erneuten Aufstieg auf dem Tivoli, schließlich hatte man ja vier schöne neue Eckfahnen und sicher auch einige Regenschirme im Publikum. Etwas weniger umgänglich zeigten sich die Aachener Fans, die schon einmal künftige Gegner begrüßten - "BVB - Hurensöhne", "Was ist grün und stinkt nach Fisch" usw. Auch die östlichen Nachbarn wurden nicht vergessen und mehrfach an ihren neuen bevorzugten Spieltermin erinnert.
Das Spiel ging derweil durch Tore von Bechmann und Misimovic mit 0:2 verloren. Ein wenig (aber wirklich nur ein wenig) schade ist das im Hinblick auf die Meisterschaft, denn nüchtern hätten wir die Bochumer auch ein zweites Mal geschlagen, auch wenn die eine spielerisch zugegeben absolut erstligareife Leistung boten. Immerhin zeigte sich die Alemannia in jeder Hinsicht als guter Gastgeber, denn auch dem Schiedsrichtergespann war offenbar großzügig Alkohol ausgeschenkt worden. Schiedsrichter Sippel schien dabei eher ein Freund der härteren Sachen zu sein und zeigte Laurentiu Reghecampf Rot für ein Foul, für das es vor 20 Jahren nie im Leben Gelb gegeben hätte.
Nach Abpfiff gab es tatsächlich auf beiden Seiten keinen Platzsturm, dafür eine unnötige gemeinsame HUMBA. Die Eckfahnen sicherten sich unfairerweise dieses Mal die Bochumer Spieler. Insgesamt wirkte die Feier rund ums Stadion deutlich gezwungener als tags zuvor. Auch Cristian Fiel muss vor seiner Kandidatur bei "Deutschland sucht den Suppenkasper" oder wie auch immer die Sendung heißt noch eine Weile üben. Nach Spielerauftritt auf der Fußgängerbrücke und ein wenig Freibier ging es erneut in Richtung Innenstadt, wo die Zuhälter ganz offensichtlich dachten "nicht schon wieder" und die Nutten schon vor der ersten Puff-HUMBA die Fenster schlossen. Vor dem Madrid ging es weiter, und irgendwann um 3 Uhr stand man mal wieder bis zu den Knöcheln in zerbrochenen Gläsern und Flaschen.
Wirklich begreifen kann man das alles trotz Dauererektion im Moment noch nicht. Und deswegen wird der schönste Tag irgendwann mitten im Sommer sein, wenn das kicker-Sonderheft erscheint und irgendwo inmitten der 17 übrigen Bundesligisten Alemannia Aachen auftaucht.

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