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Nicht - Pinto (62. Landgraf), Klitzpera, Sichone, Noll -
Plaßhenrich (77. Koen), Reghecampf, Rösler (46. Meijer),
Fiel - Schlaudraff, Ebbers
(Straub - Dum, Heidrich, Sukalo / Hecking) |
Skov-Jensen - Pallas, Maltritz, Butscher,
Bönig (85. Meichelbeck) - Imhof, Zdebel, Trojan (87. Wosz),
Misimovic - Bechmann, Fabio Junior (67. Edu)
(Renno - Colding, van Hout, Grote / Koller) |
Ein Leben lang hatte ich Probleme, mir zu merken, was an Ostern eigentlich
gefeiert wird. Nun ist es klar: Wiederauferstehung. Nach 36 Jahren ist die
Alemannia wieder erstklassig, und wenn man einen Moment ganz leise ist, kann
man im fernen Cöln Franz Cremer in seinem Grab rotieren hören. Der
laut Bundesliga-Kommission viel besser für das Oberhaus geeignete
Meidericher Spielverein steht ebenso vor dem Abstieg wie Cremers Sülzer
selbst, und in Aachen wird gefeiert.
Vielfach war zu hören, ein Aufstieg vor dem Fernseher sei nur halb so
schön, aber es sind die spontanen Feiern, die am schönsten sind,
und das war es am Sonntag. Als am Sonntagnachmittag im Stadion von Roda (!)
aus allen möglichen Ecken "nie mehr zweite Liga" angestimmt
wurde, wusste man, es stand 1:0 für Saarbrücken. Eine Stunde
später trudelten von allen möglichen bekannten und unbekannten
Nummern die Glückwunsch-SMS ein, und es ging in Richtung Innenstadt, wo
sich Autocorsos und Menschentrauben zunächst nur langsam in Gang
setzten - die meisten mussten dem österlichen Familientreffen offenbar
erst noch durchs Klofenster entkommen. Nach einer Weile tauchten u.a. Marius
Ebbers und Jan Schlaudraff im Cabrio auf, etwas später tanzte Alexander
Klitzpera die Straße rauf und runter, und schließlich gab es vor
dem Cafe Madrid, in dem sich die Mannschaft versammelt hatte, kein Durchkommen
mehr. Cristian Fiel spritze vom Balkon den Sekt in die glückselige,
singende Masse hinunter, Goran Sukalo schwenkte minutenlang, die Bierflasche
in der anderen Hand, ekstatisch eine Fahne, und es wurde eine HUMBA nach der
anderen zelebriert. Acht Stunden gegenseitiges Umarmen, mit Sekt und Bier
bespritzen, Singen und Saufen brauchte es, bis auch die letzten nicht mehr
stehen konnten und sich die Szene allmählich auflöste und die
meisten zumindest ein paar Stunden von der Bundesliga träumen gingen.
Entsprechend schwer waren die Beine und Köpfe am nächsten Tag nicht
nur bei den Fans. Immerhin fanden sich grob geschätzte elf Spieler auf
dem Rasen ein und hielten sich tapfer gegen elf ausgeschlafene Bochumer, die
bis dahin immer noch nicht aufgestiegen waren und zumindest einen Punkt
brauchten, um ihre Fahrstuhl-Dauerkarte nicht zu gefährden. Horst
Heinrichs zeigte sich als besonders fairer Sportsmann und wünschte den
Gästen einen erneuten Aufstieg auf dem Tivoli, schließlich hatte
man ja vier schöne neue Eckfahnen und sicher auch einige Regenschirme im
Publikum. Etwas weniger umgänglich zeigten sich die Aachener Fans, die
schon einmal künftige Gegner begrüßten - "BVB -
Hurensöhne", "Was ist grün und stinkt nach Fisch"
usw. Auch die östlichen Nachbarn wurden nicht vergessen und
mehrfach an ihren neuen bevorzugten Spieltermin erinnert.
Das Spiel ging derweil durch Tore von Bechmann und Misimovic mit 0:2
verloren. Ein wenig (aber wirklich nur ein wenig) schade ist das im Hinblick
auf die Meisterschaft, denn nüchtern hätten wir die Bochumer auch
ein zweites Mal geschlagen, auch wenn die eine spielerisch zugegeben absolut
erstligareife Leistung boten. Immerhin zeigte sich die Alemannia in jeder
Hinsicht als guter Gastgeber, denn auch dem Schiedsrichtergespann war offenbar
großzügig Alkohol ausgeschenkt worden. Schiedsrichter Sippel schien
dabei eher ein Freund der härteren Sachen zu sein und zeigte Laurentiu
Reghecampf Rot für ein Foul, für das es vor 20 Jahren nie im Leben
Gelb gegeben hätte.
Nach Abpfiff gab es tatsächlich auf beiden Seiten keinen Platzsturm,
dafür eine unnötige gemeinsame HUMBA. Die Eckfahnen sicherten sich
unfairerweise dieses Mal die Bochumer Spieler. Insgesamt wirkte die Feier
rund ums Stadion deutlich gezwungener als tags zuvor. Auch Cristian Fiel
muss vor seiner Kandidatur bei "Deutschland sucht den Suppenkasper"
oder wie auch immer die Sendung heißt noch eine Weile üben. Nach
Spielerauftritt auf der Fußgängerbrücke und ein wenig Freibier
ging es erneut in Richtung Innenstadt, wo die Zuhälter ganz
offensichtlich dachten "nicht schon wieder" und die Nutten schon
vor der ersten Puff-HUMBA die Fenster schlossen. Vor dem Madrid ging es
weiter, und irgendwann um 3 Uhr stand man mal wieder bis zu den Knöcheln
in zerbrochenen Gläsern und Flaschen.
Wirklich begreifen kann man das alles trotz Dauererektion im Moment noch
nicht. Und deswegen wird der schönste Tag irgendwann mitten im Sommer
sein, wenn das kicker-Sonderheft erscheint und irgendwo inmitten der 17
übrigen Bundesligisten Alemannia Aachen auftaucht.