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Wache - Cha (84. Babatz), Friedrich, Gunesch, Rose -
Gerber, Pekovic (69. Jovanovic), Amri, Feulner -
Diakité (59. Azaouagh), Edu
(Wetklo - Weigelt, Addo, Damm / Klopp) |
Nicht - Stehle (66. Fiel), Herzig, Sichone,
Leiwakabessy (80. Noll) - Plaßhenrich, Reghecampf, Rösler,
Dum - Schlaudraff (86. Lehmann), Ebbers
(Straub - Klitzpera, Nemeth, Ibisevic / Frontzeck) |
Alemannia in der Bundesliga: was freute man sich auf Schalke, Dortmund,
Hamburg usw. - nie wieder nach Ahlen, Fürth, Burghausen... aber schon
wieder nach Mainz. Schade eigentlich. Spiele in Mainz standen in
Zweitligazeiten hauptsächlich für Langeweile; ärgerlich
wurde es erst diesen Sommer, als die Alemannia an jeder Ecke ungefragt mit
Mainz verglichen wurde, in unserem kicker-Sonderheftartikel zweimal das Wort
Mainz vorkam und einem auch noch die WM von den Auftritten von Jürgen
Klopp und Konsorten madig gemacht wurde. So schwankte man in der Nacht vor
dem Spiel zwischen feuchten Träumen von der Tabellenführung und
Albträumen rund um klatschende Hände, penetrante Stadionsprecher,
Kloppo und Kerner und Edwin Bediako.
Bei der Alemannia ersetzte Thomas Stehle auf der rechten Abwehrseite den
verletzten Sergio Pinto, dagegen war Moses Sichone trotz aus Sambia
mitgebrachter Adduktorenprobleme von Anfang an dabei. Bei Mainz spielte
erneut der Ex-Aachener Ralph Gunesch anstelle des verletzten Nikolce Noveski in
der Innenverteidigung.
In einem zerfahrenen Spiel hatte es die Alemannia zunächst schwer,
Akzente zu setzen, Mainz störte früh und effektiv. Es dauerte aber
auch gut 25 Minuten, bis die Gastgeber selbst etwas Sinnvolles zustande
brachten. Bei einer Hereingabe von Du-Ri Cha von der rechten Seite ließ
Moses Sichone Edu ungehindert in den Ball rutschen und hatte Glück, dass
nicht hier schon die Führung der Gastgeber fiel. Die folgte zwei Minuten
später. Die im großen und ganzen sehr gut stehende Aachener Abwehr
wirkte einen Moment unsortiert, Marco Rose kam halblinks zum Schuss, und der
Ball rutschte durch die Beine von Kristian Nicht zum 1:0 ins Netz. Kloppo
rannte nach dem Treffer jubelnd von der Trainerbank bis zur Eckfahne, als ob
dort Urs Meier, Herbert Grönemeyer und Reinhold Beckmann ohne Brille
warten würden, und im Gästeblock wurden Erinnerungen an vorherige
Spiele in Mainz wie das letzte 2:3 wach. Die
Reaktion der Mannschaft war klasse, es wurde postwendend Vollgas gegeben und
gerade im Zweikampfverhalten noch eine Schippe draufgelegt. Moses Sichone
eroberte an der Mittellinie den Ball und holte den ersten Eckball der
Alemannia heraus. Den trat Laurentiu Reghecampf in den Strafraum, und nach
Fehler von Dimo Wache landete der Ball irgendwie vor den Füßen von
Thomas Stehle - 1:1. Was in dieser Szene genau passiert ist, war aus dem
überfüllten Gäste-Stehplatz-Bereich durch Zaun und Netz leider
beim besten Willen
nicht zu erkennen - aber kein Problem, schließlich wird das ganze
bereits 22 Stunden später im Fernsehen gezeigt. Mainz wirkte nun
verunsichert, und die Alemannia legte nach. Fast von der linken Seitenauslinie
hielt Sascha Rösler einfach mal drauf, und der Ball drehte sich zum 1:2
flach ins lange Eck. In diesem Moment waren wir tatsächlich top of the
league. Ein unglaubliches Gefühl, aber leider waren noch 62 Minuten zu
spielen. Für die ersten Schrecksekunde sorgte Marco Rose, der Thomas
Stehle und Laurentiu Reghecampf stehen ließ, um sich dann gegen Nico
Herzig fallenzulassen. Zum Glück entschied der Schiedsrichter
korrekterweise auf Schwalbe. Kurz vor der Pause verursachte Sascha Dum durch
hohes Bein einen indirekten Freistoß an der Strafraumgrenze. Marco Rose
zielte hart in die rechte untere Ecke, und Kristian Nicht rettete mit einer
Glanztat die Pausenführung.
Mainz machte nach dem Wechsel viel Dampf, hatte aber wenige zündende
Ideen. Die Alemannia hatte nun Platz zum Kontern, und vor allem Jan
Schlaudraff war in seinem Element. Nach 55 Minuten lief er seinem Gegner den
Ball ab, zog an ihm vorbei und legte in die Mitte, wo Manuel Friedrich gerade
noch vor Marius Ebbers klärte. Die Alemannia überstand viele
Strafraumszenen und Ecken schadlos, vor allem Nico Herzig erwies sich dabei
als souveräner Turm in der Schlacht. Abwehrkollege Moses Sichone sorgte
mit einer Ohrfeige gegen seinen ehemaligen Sülzer Mannschaftskameraden
Markus Feulner für die nächste Schrecksekunde, aber der
Schiedsrichter beließ es bei Gelb. Dann verpasste Marius Ebbers nach
schönem Zuspiel von Jan Schlaudraff die Entscheidung, Dimo Wache
berührte seinen Schussversuch noch, der schließlich vom linken
Innenpfosten ins rechte Toraus trudelte. Kristian Nicht fischte einen Schuss
von Mimoun Azaouagh vom rechten Strafraumeck aus dem linken Winkel, etwas
später hielt Ranisav Jovanovic nach einer Hereingabe von rechts den
Fuß hin, beförderte den Ball aber über die Latte. Auf der
anderen Seite überlief Jan
Schlaudraff (der sich zuvor einige Male etwas zu eigensinnig festgelaufen
hatte) Ralph Gunesch und schloss selber ab. Der Ball wäre
links vorbeigegangen, aber zum Glück hielt Dimo Wache noch die Hand hin.
Sascha Rösler legte noch einmal quer, und Marius Ebbers traf zum 1:3.
Wenig später ließ Jan Schlaudraff dieses Mal gleich zwei Mainzer
wie nichts stehen, schob den Ball aber knapp rechts am Pfosten vorbei.
Bei diesem Ergebnis ging einem noch nicht einmal mehr der Stadionsprecher auf
die Nerven, zumal er die Blitztabelle vorlas, die den kommenden
UI-Cup-Teilnehmer Alemannia Aachen zum allersten Mal in der
Bundesliga-Geschichte ganz vorne sah. Entsprechend ausgiebig fiel das
Tänzchen unserer Spieler vor der Kurve aus.
Das alles wirkt ein wenig unwirklich: Am
13.10.1996 verspielte die Alemannia
beim 1:1 beim LR Ahlen in der Regionalliga die von Frank Klemmer erzielte
Führung, dümpelte im Tabellenmittelfeld umher und wurde am Ende
Elfter. Auf den Tag genau zehn Jahre später muss man sich die
Bundesliga-Tabelle schon im spanischen Videotext ansehen, um halbwegs zu
begreifen, was seitdem alles passiert ist.