Fr, 13.10.06:
FSV Mainz 05 - ALEMANNIA 1:3 (1:2)
Wache - Cha (84. Babatz), Friedrich, Gunesch, Rose - Gerber, Pekovic (69. Jovanovic), Amri, Feulner - Diakité (59. Azaouagh), Edu
(Wetklo - Weigelt, Addo, Damm / Klopp)
Nicht - Stehle (66. Fiel), Herzig, Sichone, Leiwakabessy (80. Noll) - Plaßhenrich, Reghecampf, Rösler, Dum - Schlaudraff (86. Lehmann), Ebbers
(Straub - Klitzpera, Nemeth, Ibisevic / Frontzeck)

Zuschauer: 20300 (ausverkauft; ca. 2500 aus Aachen)
Gelb: Rose, Azaouagh - Rösler, Dum, Sichone, Herzig, Schlaudraff

1:0 Rose (29.)
1:1 Stehle (33.; Reghecampf)
1:2 Rösler (38.)
1:3 Ebbers (78.; Schlaudraff, Rösler)





(Foto: Richard)







































Alemannia in der Bundesliga: was freute man sich auf Schalke, Dortmund, Hamburg usw. - nie wieder nach Ahlen, Fürth, Burghausen... aber schon wieder nach Mainz. Schade eigentlich. Spiele in Mainz standen in Zweitligazeiten hauptsächlich für Langeweile; ärgerlich wurde es erst diesen Sommer, als die Alemannia an jeder Ecke ungefragt mit Mainz verglichen wurde, in unserem kicker-Sonderheftartikel zweimal das Wort Mainz vorkam und einem auch noch die WM von den Auftritten von Jürgen Klopp und Konsorten madig gemacht wurde. So schwankte man in der Nacht vor dem Spiel zwischen feuchten Träumen von der Tabellenführung und Albträumen rund um klatschende Hände, penetrante Stadionsprecher, Kloppo und Kerner und Edwin Bediako.
Bei der Alemannia ersetzte Thomas Stehle auf der rechten Abwehrseite den verletzten Sergio Pinto, dagegen war Moses Sichone trotz aus Sambia mitgebrachter Adduktorenprobleme von Anfang an dabei. Bei Mainz spielte erneut der Ex-Aachener Ralph Gunesch anstelle des verletzten Nikolce Noveski in der Innenverteidigung.
In einem zerfahrenen Spiel hatte es die Alemannia zunächst schwer, Akzente zu setzen, Mainz störte früh und effektiv. Es dauerte aber auch gut 25 Minuten, bis die Gastgeber selbst etwas Sinnvolles zustande brachten. Bei einer Hereingabe von Du-Ri Cha von der rechten Seite ließ Moses Sichone Edu ungehindert in den Ball rutschen und hatte Glück, dass nicht hier schon die Führung der Gastgeber fiel. Die folgte zwei Minuten später. Die im großen und ganzen sehr gut stehende Aachener Abwehr wirkte einen Moment unsortiert, Marco Rose kam halblinks zum Schuss, und der Ball rutschte durch die Beine von Kristian Nicht zum 1:0 ins Netz. Kloppo rannte nach dem Treffer jubelnd von der Trainerbank bis zur Eckfahne, als ob dort Urs Meier, Herbert Grönemeyer und Reinhold Beckmann ohne Brille warten würden, und im Gästeblock wurden Erinnerungen an vorherige Spiele in Mainz wie das letzte 2:3 wach. Die Reaktion der Mannschaft war klasse, es wurde postwendend Vollgas gegeben und gerade im Zweikampfverhalten noch eine Schippe draufgelegt. Moses Sichone eroberte an der Mittellinie den Ball und holte den ersten Eckball der Alemannia heraus. Den trat Laurentiu Reghecampf in den Strafraum, und nach Fehler von Dimo Wache landete der Ball irgendwie vor den Füßen von Thomas Stehle - 1:1. Was in dieser Szene genau passiert ist, war aus dem überfüllten Gäste-Stehplatz-Bereich durch Zaun und Netz leider beim besten Willen nicht zu erkennen - aber kein Problem, schließlich wird das ganze bereits 22 Stunden später im Fernsehen gezeigt. Mainz wirkte nun verunsichert, und die Alemannia legte nach. Fast von der linken Seitenauslinie hielt Sascha Rösler einfach mal drauf, und der Ball drehte sich zum 1:2 flach ins lange Eck. In diesem Moment waren wir tatsächlich top of the league. Ein unglaubliches Gefühl, aber leider waren noch 62 Minuten zu spielen. Für die ersten Schrecksekunde sorgte Marco Rose, der Thomas Stehle und Laurentiu Reghecampf stehen ließ, um sich dann gegen Nico Herzig fallenzulassen. Zum Glück entschied der Schiedsrichter korrekterweise auf Schwalbe. Kurz vor der Pause verursachte Sascha Dum durch hohes Bein einen indirekten Freistoß an der Strafraumgrenze. Marco Rose zielte hart in die rechte untere Ecke, und Kristian Nicht rettete mit einer Glanztat die Pausenführung.
Mainz machte nach dem Wechsel viel Dampf, hatte aber wenige zündende Ideen. Die Alemannia hatte nun Platz zum Kontern, und vor allem Jan Schlaudraff war in seinem Element. Nach 55 Minuten lief er seinem Gegner den Ball ab, zog an ihm vorbei und legte in die Mitte, wo Manuel Friedrich gerade noch vor Marius Ebbers klärte. Die Alemannia überstand viele Strafraumszenen und Ecken schadlos, vor allem Nico Herzig erwies sich dabei als souveräner Turm in der Schlacht. Abwehrkollege Moses Sichone sorgte mit einer Ohrfeige gegen seinen ehemaligen Sülzer Mannschaftskameraden Markus Feulner für die nächste Schrecksekunde, aber der Schiedsrichter beließ es bei Gelb. Dann verpasste Marius Ebbers nach schönem Zuspiel von Jan Schlaudraff die Entscheidung, Dimo Wache berührte seinen Schussversuch noch, der schließlich vom linken Innenpfosten ins rechte Toraus trudelte. Kristian Nicht fischte einen Schuss von Mimoun Azaouagh vom rechten Strafraumeck aus dem linken Winkel, etwas später hielt Ranisav Jovanovic nach einer Hereingabe von rechts den Fuß hin, beförderte den Ball aber über die Latte. Auf der anderen Seite überlief Jan Schlaudraff (der sich zuvor einige Male etwas zu eigensinnig festgelaufen hatte) Ralph Gunesch und schloss selber ab. Der Ball wäre links vorbeigegangen, aber zum Glück hielt Dimo Wache noch die Hand hin. Sascha Rösler legte noch einmal quer, und Marius Ebbers traf zum 1:3. Wenig später ließ Jan Schlaudraff dieses Mal gleich zwei Mainzer wie nichts stehen, schob den Ball aber knapp rechts am Pfosten vorbei.
Bei diesem Ergebnis ging einem noch nicht einmal mehr der Stadionsprecher auf die Nerven, zumal er die Blitztabelle vorlas, die den kommenden UI-Cup-Teilnehmer Alemannia Aachen zum allersten Mal in der Bundesliga-Geschichte ganz vorne sah. Entsprechend ausgiebig fiel das Tänzchen unserer Spieler vor der Kurve aus. Das alles wirkt ein wenig unwirklich: Am 13.10.1996 verspielte die Alemannia beim 1:1 beim LR Ahlen in der Regionalliga die von Frank Klemmer erzielte Führung, dümpelte im Tabellenmittelfeld umher und wurde am Ende Elfter. Auf den Tag genau zehn Jahre später muss man sich die Bundesliga-Tabelle schon im spanischen Videotext ansehen, um halbwegs zu begreifen, was seitdem alles passiert ist.



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