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Jentzsch - Möhrle, Quiroga, Hofland, Stegmayer - van der Leegte,
Menseguez, Makiadi, Krzynowek (86. Santana) -
Klimowicz (69. Hanke), Boakye (33. Madlung)
(Lenz - van der Heyden, Thiam, Hristov / Augenthaler) |
Straub - Stehle (69. Pinto), Herzig, Klitzpera, Leiwakabessy -
Heidrich (69. Ibisevic), Lehmann (46. Krontiris), Reghecampf, Fiel,
Schlaudraff - Ebbers
(Nicht - Sichone, Casper, Noll / Frontzeck) |
Drei Monate sind die unrühmlichen Vorfälle beim Spiel gegen
Borussia München Gladbach her, und immer noch haben die Anhänger
der Alemannia unter den Sanktionen zu leiden. Zur Entnazifizierung werden
nicht nur bei Heimspielen die bekannten grammatikalisch fragwürdigen
Spots gezeigt, vielmehr setzt die DFL Auswärtsspiele zur Abschreckung an
diversen besonders abstoßenden Gedenkstätten des Faschismus an -
vor zwei Wochen das Reichssportfeld zu
Germania, nun die Stadt des KdF-Wagen bei Fallersleben. Hier wurden von
Zwangsarbeitern im KZ Arbeitsdorf Kübelwagen, V1 und VW Käfer
produziert, während die Wettkampfgemeinschaft Betriebssportgemeinschaft
Volkswagenwerke Stadt des KdF-Wagen wenige Jahre nach der Gründung den
Aufstieg in die Gauliga schaffte. Für den Nachfolgeverein interessierte
sich jahrzehntelang keine Sau, bevor man Ende der 70er zweimal kurz in der
2. Liga Nord erfolglos am Tivoli vorbeischaute und weitere 20 Jahre
später der IG-Farben-Niederlassung in Leverkusen nacheiferte und mit
einigem finanziellen Aufwand den VfL Wolfenstein in der Bundesliga platzierte.
Mittlerweile setzte man sich sogar eine Kopie der Meidericher
Aral-Tankstelle neben die alte Kampfbahn, wo man als Gästefan ebenso
dämlich in der Ecke ums Marathontor herum steht wie beim MSV. Immerhin
sind die Ordner freundlich, das Stadionheft informativ und billig, und
man bekommt sogar noch Schokoladennikoläuse geschenkt.
Sportlich fiel die KdF-Wettkampfgemeinschaft in dieser Saison hauptsächlich durch
minimalistische 10:12 Tore auf. Markantestes Gesicht der Mannschaft ist
Trainer Klaus Augenthaler, der schon den FC Bayern vor 20 Jahren durch
Umtreten von Rudi Völler zum Meister machte. Ähnliche Härte
wäre dieses Mal ungünstig gewesen, denn die Alemannia hatte schon
genügend Ausfälle zu beklagen. Reiner Plaßhenrich, Sascha
Rösler und Szilárd Nemeth fielen verletzt aus, dazu fehlte Sascha Dum
nach der fünften gelben Karte, und der angeschlagene Sergio Pinto blieb
zunächst auf der Bank. Neben ihm saßen unter anderem Moses
Sichone und Kristian Nicht nach zuletzt eher bescheidenen Leistungen. So
spielte Stephan Straub hinter der Viererkette Stehle, Herzig, Klitzpera,
Leiwakabessy, Matthias Heidrich bildete zusammen mit Matthias Lehmann die
schon beim 0:0 in Dortmund erfolgreich praktizierte Doppelsechs.
Die Alemannia war in der ersten Hälfte in einem insgesamt eher
unterdurchschnittlichen Bundesligaspiel die aktivere und engagiertere
Mannschaft. Nach einer von Matthias Heidrich verlängerten
Reghecampf-Ecke bot sich Thomas Stehle am langen Pfosten die erste Chance,
aber er verpasste. Jan Schlaudraff sorgte für einige Unruhe bei der BSG,
Facundo Quiroga handelte sich schnell Gelb wegen Festhaltens ein. Nach einer
gefühlvollen Flanke von Schlaudraff hätte Marius Ebbers aus vier
Metern die Führung erzielen können, aber sein Kopfball geriet viel
zu drucklos und unplatziert. Nach einer halben Stunde kam Quiroga gegen
Schlaudraff erneut einen Schritt zu spät, und die Konsequenz war
Gelb-Rot. Etwas später hielt der ebenfalls schon verwarnte Tom van der
Leegte Cristian Fiel fest, durfte aber ebenso weiterspielen wie Matthias
Lehmann nach Foul gegen Juan Menseguez. Die Alemannia stand in der Abwehr
sicher, erst in der Schlussminute des ersten Durchgangs wurde es
gefährlich, als Cedrick Makiadi eine Flanke mit der Fußspitze
verpasste.
Für den gelb-rot-gefährdeten Matthias Lehmann kam nach dem Wechsel
Emmanuel Krontiris. Wieder einmal war es jedoch der Gegner, der besser aus
der Pause kam. Jeffrey Leiwakabessy verlor ein Laufduell gegen Juan Menseguez
und wusste sich nur noch mit einem Foul zu helfen. Den fälligen
Freistoß zirkelte Jacek Krzynowek auf den Kopf des eingewechselten
Alexander Madlung. Marius Ebbers störte nicht konsequent genug, und
Stephan Straub war machtlos. Die Alemannia wirkte in der Folgezeit
verunsichert, nach Ballverlust von Jan Schlaudraff verpasste Cedrick Makiadi
aus der Distanz nur knapp den zweiten Treffer. Zum ich glaube ersten Mal
seit Eugen-Hach-Zeiten wurde "Wir wollen euch kämpfen sehen"
angestimmt, und das tat die Mannschaft auch. Ein Solo von Nico Herzig wurde
nach Doppelpass mit Marius Ebbers von Kevin Hofland per Foul unterbunden.
Laurentiu Reghecampf nahm aus 19 Metern Maß, und endlich war auch das
Glück noch einmal auf unserer Seite, Hofland fälschte den Ball zum
1:1 ins eigene Tor ab. Fünf Minuten später war es nicht etwa
unser Torwart, der den spielentscheidenden Fehler machte, sondern der vom
Stadionsprecher hochgejubelte Simon Jentzsch, der an einer Flanke von
Laurentiu Reghecampf vorbeisegelte. Nico Herzig traf aus spitzem Winkel zum
1:2. Eine Schrecksekunde gab es noch, als Vedad Ibisevic im eigenen Strafraum
beim Kopfballduell Alexander Madlung umstieß, aber an diesem Tag hatten
wir sogar Glück mit dem Schiedsrichter.
Unsere Mannschaft hatte in Überzahl alles andere als gut gespielt, sich
den Sieg aber durch die Einsatzbereitschaft verdient, die den emotionslos
ihren Stiefel herunterspielenden Wolfensteinern abging. Die Serie von acht
sieglosen Spielen wurde bezeichnenderweise auswärts beendet, wo man
nunmehr mehr Punkte geholt hat als auf dem ehemals gefürchteten Tivoli.
Da der Rest der Liga für uns spielte, steht bereits fest, dass die
Alemannia nicht auf einem Abstiegsplatz überwintern wird. Bei einem
weiteren Sieg gegen den dezimierten HSV wäre man absolut im Soll, und
das nötige Selbstvertrauen dürfte jetzt auch wieder da sein - Kraft
durch Freude.